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Lioba Reddeker 1961 – 2011

Um sich im Feld der Kultur behaupten zu können, ist neben allen anderen Qualifikationen vor allem eines vonnöten: Kampfgeist. Diesen Kampfgeist hatte Lioba Reddeker wahrlich verinnerlicht. Nach ihrem Studium in Bonn und Münster arbeitete sie in Wien als Kuratorin, vornehmlich in Galerien. Gleichzeitig begann sie mit dem Verein AKKU Verein für Kunst, Theorie und Vermittlung in Wien und dem Institut für Studien zur kulturellen Praxis e.V. in Bonn an dem zu arbeiten, was bis zuletzt ihre große Leidenschaft blieb: der Vermittlung und Dokumentation von zeitgenössischer Kunst.

Einer breiteren Kunstöffentlichkeit in Österreich wurde sie als - gemeinsam mit Wolfgang Zinggl – im Jahr 1997 bestellte Bundeskuratorin für bildende Kunst. Eine Aufgabe mit der sie in den zwei Jahren, für die ihre Bestellung vorgesehen war, die heimische Kunstszene bis heute beeinflusste und prägte. Denn Lioba Reddeker sah sich nicht nur als Geldausgabeautomat für abgegebene und genehmigte Projekte. Sie mischte sich ein, diskutierte über die eingereichten Konzepte, machte Vorschläge und begleitete viele Projekte auch in der Umsetzung. Ein Engagement das ihr nicht wenige kritische Stimmen einbrachte.

Als Bürostandort für ihre Tätigkeit als Bundeskuratorin gründete sie die Basis Wien im Museumsquartier und begann dort ihre groß angelegte und bis heute andauernde Arbeit an der Dokumentation und Archivierung zeitgenössischer Kunst in und aus Österreich. Mit dem Ende der Funktionsperiode als Bundeskuratorin ging es mit dem Kämpfen dann erst richtig los. Denn die Gründung einer längerfristig angelegten Institution war eigentlich nicht im Aufgabenprogramm der Bundeskuratoren gestanden. Dennoch hatte die Basis Wien bereits in den ersten beiden Jahren eine Fülle von Datenmaterial zusammengetragen, das Lioba Reddeker nicht so einfach einem ungewissen Schicksal überlassen wollte. Also begann für sie nach den kurzen Jahren des Geldverteilens wieder die mühsame Suche nach Subventionen und zuallererst nach neuen Räumlichkeiten die sie schließlich im 15. Wiener Gemeindebezirk fand, von wo aus die Basis Wien bis heute ihre mittlerweile vielfach vernetzte dokumentations- und Archivarbeit leistet. Denn obwohl die Finanzierung dieser Arbeit aus Bundes- und Landesbudgets zunehmend schwieriger wurde, dachte Reddeker ständig über den Österreichischen Tellerrand hinaus und gründete 1999 mit Vektor - European Contemporary Art Archives eine Vernetzungsplattform in der Kunst, Kritik, Vermittlung und Ausstellungstheorie eine Archivierungs- und Forschungsbasis finden sollten.

Daneben hostete die Basis Wien eine Reihe von Projekten wie die basis edition, ein Katalogprojekt für junge KünstlerInnen, oder den ACA Art Critics Award, den bis dato einzigen Preis für Kunstkritik in Österreich. Gleichzeitig widmete sich Lioba Reddeker ab 2005 wieder kuratorischen Aufgaben und erstellte für den Hangar-7 des Red Bull-Chefs Dietrich Mateschitz ein engagiertes Ausstellungsprogramm, das sich aufstrebenden Emerging Artists jeweils eines Landes widmet. Nach Ländern wie (natürlich) Österreich, Mexiko, China, Südafrika oder Island ist man aktuell bei Ausstellung Nummer 18 und Tschechien angelangt. Ein Projekt das nicht nur junge Kunst in eine ansonsten eher society-interessierte Szene brachte, sondern auch der Basis Wien einen Teil der Finanzierung sicherte.

Das oft kämpferisch geführte Engagement von Lioba Reddeker für ihr Dokumentationszentrum und die zeitgenössische Kunst hat in der österreichischen wie internationalen Kunstszene deutliche Spuren hinterlassen. Die damit verbundenen Anstrengungen sind auch an ihr nicht spurlos vorübergegangen. Am 27. August hat Lioba Reddeker den jahrelang hartnäckig geführten Kampf gegen ihre schwere Erkrankung verloren.

Mehr Texte von Werner Rodlauer

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