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Flanierwüste

Da lese ich vorige Woche lang und breit und immer wieder über die Eröffnung des Quartier 21 - dieses zukunftsweisende Kunstlabor im Museumsquartier. Kränke mich ehrlich und fast auch aufrichtig, dass ich nicht dabei sein kann. Tröste mich selber liebevoll, dass ich die Woche drauf am Mittwoch ganz bestimmt die Electric Avenue entlangflanieren werde. Zwar von niemandem gesehen, weil wer flaniert schon am Mittwoch - aber dafür mit umso mehr Zeit um mit Künstlern zu plaudern. Also halte ich auch mein mir gegebenes Versprechen und eile fröhlichen und durchaus aufgeregten und flaniersüchtigen Herzens am Mittwoch ins Museumsquartier. Treffe ein und mich fast der Schlag. Nix ists mit elektrischem Flaniervergnügen. Eine leere Halle, zwei lustlose Arbeiter und sonst nichts. Da waren doch Stellwände auf den Pressefotos zu sehen mit Kunst davor und dazwischen und flanierende Menschen - das weiß ich genau, ich habe es ja mit eigenen zeitungstauglichen Augen gesehen. Und Mittwoch drauf war wirklich nichts. Potemkinsches Dorf am Freitag, nicht einmal mehr Fata Morgana am Mittwoch. Einfach nur nichts. Selbst die beiden Arbeiter wollten nicht Kunst sein. Murmelten nur was von \"... noch gar nicht offen usw.\" War da nicht ein Direktor namens Waldner, der vorige Woche in einem Interview sehr stolz erklärt hatte, wie mächtig stolz er auf diese Flaniermeile im Quartier 21 sei, die da eben eröffnet wurde? Gibt\s da eine wie auch immer geartete Verantwortung des Verantwortlichen? Darf man als solcher Verantwortlicher so verantwortungslos stolzbrüstig eröffnen und Besucher, die vier Tage nach der Eröffnung kommen, einfach auf einer Baustelle verkommen lassen? Und was ist mit all den ausstellenden und sich präsentierenden Künstlern geschehen? Wo sind die? Warum hört man von denen keinen Ton? Angst vor dem mächtigen Verantwortlichen? Aber vielleicht waren das auch nur alles Eröffnungskünstler - nichts für einen gewöhnlichen Alltag mit gewöhnlichen Besuchern. Achja - zwei deutsche Kunstinteressierte wollten auch flanieren. Ich hab sie ins Naturhistorische Museum geschickt - das ist schon seit Jahrzehnten am Mittwoch geöffnet.
Mehr Texte von Manfred M. Lang

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