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A Gaude muaß sein

Unlängst verbrachte ich drei Tage am Wörthersee. Für WienerInnen ist Kärnten eine superpraktische Kurzurlaubs-Destination: In drei Stunden ist man dort, und es scheint fast immer die Sonne. Leider herrschen in Kärnten nicht nur politisch und wirtschaftlich, sondern auch kulturell desaströse Zustände: Wenn das MMKK gerade nichts wirklich Interessantes bietet, wenn man das Museum Liaunig, den Gurker Dom sowie das Steinhaus kennt und der ambitionierte Kunstraum Lakeside geschlossen hat (also jedes Wochenende), dann bleibt wenig übrig. Am zweiten Tag erinnerte ich mich an eine Ö1-Sendung, in der die Betreiberin des Museum des Nötscher Kreises, interviewt worden war. Also auf nach Nötsch. Das Werk der einst dort ansässigen Expressionisten-Gruppe wird zwar teilweise belächelt, von vielen KunsthistorikerInnen aber durchaus geschätzt. Natürlich können Anton Kolig und Sebastian Isepp weder mit Schiele noch mit Gerstl mithalten. Aber ihr Werk entspricht einer soliden Mittelklasse und verdient durchaus Wertschätzung. Dennoch kriecht das von Laien betreute Museum in Nötsch finanziell am Zahnfleisch. Es besitzt selbst bloß eine kleine Sammlung, die hohen Versicherungswerte von Leihgaben lassen sich kaum finanzieren, wie eine überaus entgegenkommende Mitarbeiterin erzählte. So hat man wenige Möglichkeiten, bespielt die Räume immer wieder mit wenig bedeutenden Künstlern. Publikumsinteresse scheint dennoch vorhanden zu sein – zumindest an jenem Samstag war einiges los. Und die Location ist schlichtweg ein Jackpot. In jedem anderen Bundesland hätte die Landespolitik diesen ultimativen Traum für Lokalpatrioten und Touristiker längst als solchen erkannt und ihn halbwegs subventioniert. Ja, es wäre sogar denkbar, dass anderswo kluge Beamte die kunsthistorische Relevanz dieses Künstlerkreises zu würdigen wüssten und die zuständigen Kulturpolitiker dementsprechend berieten, sprich: ihnen die nötigen Gelder abrängen. Nicht so in Kärnten. Dessen Kulturlandesrat ist zwar mächtig stolz auf seinen „Magister“, schämt sich allerdings nicht einmal dafür, kaum jemals ein Buch zur Hand zu nehmen. Dem Kulturbericht der Kärntner Landesregierung ist zu entnehmen, dass der Verein der Freunde des Nötscher Kreises 2010 exakt 25.000 Euro erhielt, denselben, den der Verband der Volksdeutschen Landsmannschaften Österreichs für seine Aktivitäten bekam. Die Feierlichkeiten anlässlich des 90-jährigen Jubiläums der Kärntner Volksabstimmung wurden mit exakt 1.224.536,16 Euro finanziert, eine „Brauchtumsmesse“ mit 279.652,77, das Landesjugendsingen „A Gaude muaß sein“ mit 222.039,91 und der „Kärntner Heimatherbst“ mit 389.065,33. Die Summe für „Brauchtumspflege“ macht insgesamt 2.503.686,17 Euro aus (wobei man unter diesem Posten eigentlich noch die Rubrik „Musikkapellen“ dazu rechnen müsste mit einer Fördersumme von 86.285,00), die für Literatur 125.705,00. Die Kulturabteilung jener Region, in der Ingeborg Bachmann und Josef Winkler geboren sind, sponsert die Heimattümelei also mit einer rund zwanzig Mal so hohen Summe wie die Literatur. Leider besitzen diese Zahlen mittlerweile keinen großen Neuigkeitswert mehr, bewegen sie sich doch seit Jahren in ähnlichen Relationen. Dennoch vermag die Konsequenz, mit der man hier an der Verdummung des Wählervolks arbeitet, stets aufs Neue zu erschüttern.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
Museum Nötsch
frahe | 05.07.2011 08:08 | antworten
Wer so kleinkariert denkt und handelt wie die Betreiber und Besitzer dieses Museums der sollte sich nicht wundern, dass keine Gelder fliesen. Der Artikel vergisst den wirklich bedeutenden Maler Franz Wiegele. Den auf eine Stufe mit den anerkannten Sezessionskünstlern aus Wien zu stellen wäre nur fair und angebracht. Die Nachfolger und Erben glauben mit wenigen Exponaten der bekannten Urheber mit Kunstmuseen mithalten zu können. Mehr als ein regionaler Ausstellungsplatz ist es aber nicht. Da werden dann Hobbymaler und Hobbymalerinnen ausgestellt, die zu Hauf Allerwertsmalerei präsentieren. Waltritsch usw. Der Nötscher Krweis hat schon Bedeutung innerhalb der Kunstszene des 20. Jh., nur muß man dieser Bedeutung gerecht werden. Zeitgenössischen Galerieramsch auszustellen bedeutet das Bedeutende zu entwerten.

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