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Makart. Maler der Sinne. / Makart. Ein Künstler regiert die Stadt: Fleisch und Spachtelmasse

Rot ist eine Farbe für Verkehrsampeln, Rettungswagenstreifen und Lippenstifte, eine vielgespreizte Farbe offenkundig, und Malerei, die sich um so ein Rot verdient gemacht hat, sollte der Ehre würdig sein, wenn die Bilder gut sind. Ehre wird dem Maler Hans Makart an zwei Orten in Kooperation von gleich drei Häusern erwiesen. Gefühlte dreitausendzweihundertachtundneunzig wichtige Details könnte man aus den zahlreichen Exponaten, die unter Hans Makarts markentauglichem Nachnamen und „ Maler der Sinne“ im Belvedere und „Ein Künstler regiert die Stadt“ im Künstlerhaus vorgeführt werden, erwähnen und besprechen und sich stundenlang mit dem Dumbazimmer, mit dem Atelierzimmer, das Rudolf von Alt in allen Details liebevoll portraitiert hat (Künstlerhaus), mit den samtigen Vorhängen in Flieder und Pistazie, die die Pracht der Bilder durch den letzten Schlagobers einer reell andächtigen Verzierung noch weiter erhöhen (Belvedere) und der Schwelle zur Moderne auseinandersetzen. Die Schwelle nämlich zur Moderne, vor der alle stehen, die leider nicht mehr so ganz in die Moderne reinpassen, ist eine bedeutende, auch im internationalen Kunstentwicklungskontext, und so sieht man neben einem Damenbild von Makart im Belvedere auch ein Damenbild von Makarts Zeitgenossen Manet. Makart benützt mehr Rot und mehr Farbe, was nichts Schlechtes bedeuten muss. Genaugenommen benützt Manet so wenig Farbe für sein Portrait einer Dame, dass man Manets Bild für trocken halten kann. Manets Dame trägt keinen Pelz, Makarts Dame schon. Es geht hier gar nicht um Pelztierhalterrichtlinien, sondern um die Spachtelsauerei, die Manet mit einem Pelzkragen nie veranstaltet hätte und die die mutmaßliche Schwellenangst von Makart zur Moderne recht schmierig belegt. Abstraktion ist bei Makart Kurpfuscherei. Er wirkt nicht wie ein Maler, der seine Arbeit schwierig fand oder trocken. Makart war ein Maler, der sein Atelier betrieb wie später die Spielfilmtheaterbesitzer ihre Kinos; er nahm Eintrittsgelder und vertrieb sich und sein Werk mannigfaltig und professionell. Heute würde die Vogue ihn anrufen, damit sein Atelier in die Modezeitschrift kommt. Damals gingen alle hin, die nichts Besseres vorhatten und an kultiviertem kollektivem Voyeurismus Gefallen fanden. Es ist ein Glück dass Makart nichts Bedeutenderes zu tun hatte, als straffhäutige Busenwunder und prachtvolle Pelze mit kunstvoll dunklem Gestrüppornament in allen Sinnlichkeitsposen abzubilden und einer komisch silikonartigen Menschgummimasse so viel Platz zu geben. Sonst hat er noch einen grandiosen Umzug organisiert. Schade, dass der Film damals noch nicht erfunden war. Das Rot in seinen Bildern scheint gekonnt gesetzt und verhalten flackernd. Man sieht den Bildern sehr gut an, dass sie Makart und vielen anderen gut gefallen haben, aber man sieht ihnen nicht an, warum sie uns dauerhaft gefallen sollen. Wenn Makart ein Steakmaler wäre, könnte er die Veganer enorm unterstützen.
Mehr Texte von Charles Nebelthau

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Makart. Maler der Sinne. / Makart. Ein Künstler regiert die Stadt
09.06 - 16.10.2011

Unteres Belvedere
1030 Wien, Rennweg 6
Tel: +43 1 795 57-200, Fax: +43 1 795 57-121
Email: info@belvedere.at
http://www.belvedere.at
Öffnungszeiten: Täglich 10 bis 18 Uhr, Mittwoch 10 bis 21 Uhr

Wien Museum im Künstlerhaus
1010 Wien, Karlsplatz 5
Tel: +43.1.587.96.63, Fax: +43.1.587.87.36
http://www.wienmuseum.at
Öffnungszeiten: täglich 10-18 h, Do bis 21 h


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