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Memphis - 21 Jahre nach der Designrevolution: Sei ironisch! Und hab gefälligst Spaß!

Memphis-Möbel begann man Anfang der Achtziger in Zeitschriften oder auch mal in Geschäftsauslagen zu sehen und wünschte sich als junger Mensch so etwas auch zu besitzen. Zwanzig Jahre später ist man beim detaillierten Betrachten der Objekte doch sehr froh, die exorbitanten Summen nicht ausgegeben zu haben (was ohnehin illusionär war). Etwa zwei Kubikmeter große Sessel in schmerzenden Farbkombinationen, Sottsass-Regale von zugegebenermaßen schockierender Wirkung: Lässt der Einsatz billiger laminierter Pressspanplatten, bunt lackierten Stahlrohrs und knubbeliger Griffe doch allzusehr an die Sortimente ambitionierter Möbelcenter denken. Das war damals anders. In der Welt plumper Kiefernholzsitzecken wirkten die ästhetische Verantwortungslosigkeit, die anarchische Unverhältnismäßigkeit der Mittel und die provokante Materialwahl der Memphis-Objekte in der Tat wie New Wave (eher als Punk Rock, mit dem Ross Lovegrove Memphis vergleicht) für die im Altrockertum erstarrte Mainstream-Musik. Und wie stellt sich das alles heute dar, da Spaßdesign den Spaß am Spaß zu diskreditieren droht und man vielleicht doch nicht von seinen Haushaltsobjekten permanent mit der Aufforderung zu Ironie und assoziativer Unbefangenheit in die Seite geknufft werden will? Neben der Retrospektive im Looshaus geht man in Krems der Frage nach, wie die Memphis-Designer heute arbeiten. Ettore Sottsass, der große alte Melancholiker, ist sich treu geblieben, entwirft bunte Glasvasen und ist eigentlich der einzige, dem man eine gewisse Abgründigkeit zugesteht, während die ständige Fröhlichkeit der Objekte von Peter Shire, Aldo Cibic, Alessandro Mendini und Michele de Lucchi auf Dauer doch penetrant wird und nicht selten nur in postmodernen Kitsch mündet. Die \"gute Form\" ist heute weißgott kein Feindbild mehr. Eher schon die Inflation des auf der Biennale 1980 von Mendini propagierten \"oggetto banale\". Designzone Looshaus, A-1010 Wien, Herrengasse 2-4, bis 19. Oktober 2002 Öffnungszeiten: Mo bis Sam 10.00 bis 18.00 Uhr, Do bis 20.00 Uhr
Mehr Texte von Iris Meder †

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Memphis - 21 Jahre nach der Designrevolution
29 - 29.09.2002

Kunsthalle Krems
3500 Krems, Franz-Zeller-Platz 3
Tel: +43-2732 90 80 10, Fax: +43-2732 90 80 11
Email: office@kunstalle.at
http://www.kunsthalle.at
Öffnungszeiten: Di - So und Mo wenn Feiertag 10-18 Uhr; in den Wintermonaten 10-17 Uh


Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
es ist nur memphis
alexander leopold | 16.10.2002 06:32 | antworten
Als jemand, der sich in den Achtzigern als Möbelverkäufer verdingte, KANN ich zu diesem Thema den Schnabel nicht halten. Auch wenn wir damals im Einrichtungshaus anfangs nicht wussten wohin mit dem Zeug, das uns die Hersteller da unter dem Vorwand des \"letzten Schreis\" aufs Aug drückten, stellte sich doch bald eine verblüffende Aenderung im Kundenverhalten ein. Unter dem Deckmäntelchen \"MEMPHIS STYLE\" ließen sich plötzlich nicht nur diese Absurditäten sondern endlich auch spannendere Planungen an den Mann bringen. Waren wir bis dato noch vom Kunden gezwungen worden den Wandverbau durchgehend von links bis rechts und ueber die volle Raumhöhe zu planen, durften seit Memphis plötzlich Löcher, Nischen, Vor- und Rücksprünge darin auftauchen. Und alles nur deswegen, weil Memphis es als erster Designstil verstand, mit den Medien zu arbeiten und die Öffentlichkeit umfassend und meinungs- bildend über sich zu informieren. Und das zu einem Zeitpunkt, da der Stil noch gar nicht wirklich ins Rollen gekommen war. Erst die Nachahmung des Memphis - Style durch viele namhafte Möbelhersteller verhalf ihm zu dem zweifelhaften Ruhm, den er in mumifizierter Form heute noch geniesst. Ettore holte uns raus aus der Stagnation, das muss man ihm einfach lassen. Und er ebnete den Weg fuer die ganzen schnellebigen Bewegungen, die nach ihm kamen - bis hin zu Feng Shui. Ab Memphis wussten die Meinungsmacher, wie sie sogar etwas so unspannendes wie Möbel zu einem Schlagerstar machen können. Mittlerweile hat sich die Einrichtungsbranche um etliche Berufe vergrössert. Auspendler, Energieflussberater, Wellnes - Experten, Farbharmonie - Spezialisten, sie alle sind auf dem Humus gewachsen, der aus der Verrottung von Memphis entstanden ist. Die Loslösung der Raumeinrichtung von so lapidaren Anforderungen wie Funktion, Gemütlichkeit, Stimmigkeit, und ihre Neuverankerung in den Anforderungen der esoterischen Gedankenwelt brachte uns einen Schlager nach dem anderen - und viele selbsternannte Gurus und Pseudo- Fachleute. Aber soll sein, die wollen auch alle leben. Es sind ja nur Seifenblasen der Inennarchitektur. Nur Memphis, sonst nix.

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