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Sofia Goscinski - head in the closet: Liebesmüh im Triptychon

Die Liebe kann eine Qual sein: Sofia Goscinski wiederholte die Wortfolge „I love you“ so lange, bis sie nicht mehr konnte. Das Ergebnis ihrer amourösen Selbstgeißelung, auf Video aufgenommen, zerlegte sie in seine einzelnen Worte und projiziert in ihrer Ausstellung im Kunstraum Bernsteiner die so entstandenen Bilder als Triyptychon auf die Wand – drei düstere Selbstporträts, die immer zwingender, beschwörender, erschöpfter sprechen, schlucken, fast schluchzen. Die düstere Lichtsituation – teilweise filmte sich Goscinski durch ein Nachtsichtgerät – verstärkt den Eindruck der Peinigung, die Nahaufnahme die Intensität des Bildes. Am Ende des Loops bleibt nur noch das Video, in dem sie „I“ stammelt, übrig, das „Du“ und die „Liebe“ sind verschwunden. Ihre ebenso präzise wie verstörende Liebes-Metapher positionierte Goscinski in einem düsteren Schuppen; gegenüber setzt der ausgeweißte Hauptraum mit zwei weiteren, formal clean erscheinenden, Arbeiten einen hellen Kontrapunkt. Für die Arbeit „XXX“ druckte Goscinski 375 Begriffe aus dem Genre der Internet-Pornografie auf Spiegel-Rechtecke und offenbart damit die erstaunliche Komplexität dieser Terminologie. Da gibt es „pleasure balls“ und „wonder sticks“, die poetische „golden shower“ und den pragmatischen „titjob“, das heitere „knife play“ und die nur noch Insidern verständlichen Akronyme „WAM“ oder „ATM“. Aus den Spiegeln formt Goscinski ein Raster, jedoch stoßen die Kanten nicht exakt gleichmäßig aufeinander, sondern unregelmäßig – dementsprechend betrachtet sich auch das Publikum gebrochen. Die Spiegelung wirkt dabei allerdings etwas dick aufgetragen; die Assoziation zwischen Pornografie und Voyeurismus hätte man auch ohne diesen expliziten Hinweis hingekriegt. Eine ähnliche Spannung zwischen Sauberkeit und Körperflüssigkeiten inszenieren die zwei glänzend weiße, funkelnagelneue Klomuscheln – eine in üblicher Position, eine verkehrt in Kopfhöhe an die Wand geschraubt – zwischen die man sich selbst platzieren kann; die Intention, auf diese Weise Ekel hervorzurufen, geht jedoch nicht ganz auf; da hätte es eines abgestunkenen Equipments bedurft. Wie bei manchen von Erwin Wurms Arbeiten wirkt auch hier die dazugehörige Zeichnung stärker als ihre Ausführung. Dennoch: Obwohl nur drei Arbeiten präsentiert werden, ist eine dichte, komplexe Schau gelungen.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Sofia Goscinski - head in the closet
23.03 - 08.05.2011

Kunstraum Bernsteiner
1020 Wien, Schiffamtsgasse 11 (Hof)
Tel: +43 664 3077097
Email: mail@friendsandart.at
http://www.friendsandart.at/
Öffnungszeiten: Mi-Fr 16-19 h


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