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Der Zeitgeist ist gnadenlos

Peter Noevers letzte Jahrespressekonferenz als Direktor des MAK „Abgeschlossenes Universitätsstudium, Erfahrung in der Einwerbung von Drittmitteln, Fähigkeit im Personalmanagement sowie kommunikative und integrative Kompetenz“, das sind nur einige Punkte aus dem Anforderungprofil der Ausschreibung des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur für die Neubesetzung der MAK Direktion. Hätten diese bereits Mitte der 80er Jahre so gelautet, Peter Noever hätte wohl nur Außenseiterchancen gehabt, zum Direktor des MAK ernannt zu werden, denn solche Eigenschaften bzw. Kenntnisse sind es, die Peter Noever in den letzten 25 Jahren seiner MAK-Direktion gerade nicht unter Beweis gestellt hat. Peter Noever ist ein Gnadenloser. „Gnadenlos Visionär“ eben, als er 2009 – in Zeiten der Weltwirtschaftskrise und erster Budgetsparpläne – noch millionenschwere Erweiterungsprojekte des MAK vorstellte, einer der die „Konkrete Utopie“ verfolgt, in seinem unbeirrten Kampf für den Ausbau des Gefechtsturms im Arenbergpark und der zum „Unruhe Bewahren“ aufrief, anstatt sich den Sachzwängen sinkender Budgets und der notwendigen Sponsorensuche unterzuordnen. (Zitate aus Jahrespressekonferenzen früherer Jahre, Anm. d Red) Noever ist ein Berserker als Ausstellungsmacher, vor allem wenn es darum geht, den KünstlerInnen die bestmöglichen Voraussetzungen zur Umsetzung ihrer Visionen zu bieten. Er hat mit dieser Eigenschaft speziell das Wiener Publikum immer wieder in Staunen versetzen können, wie mit der Installation The City Inside Us von Vito Acconci, der Eröffnungsausstellung nach der Renovierung und Neuaufstellung der Sammlung 1993, Chris Burdens fliegender Dampfwalze 1996, der großartigen Dennis Hopper Retrospektive 2001, und vielen mehr. Genau so konsequent hat er auch Kritik provoziert, wie mit der fast vollständigen Ausgrenzung der Geschichte der Kommune im Rahmen der Muehl Retrospektive 2004, oder der Gestaltung der Jubiläumsausstellung zur Wiener Werkstätte durch Heimo Zobernig 2003 und zuletzt mit der fragwürdigen Präsentation der Huldigungsbilder der Diktatoren Nordkoreas Kim Il Sung und Kim Jong Il. Immer stellt Noever die „reine Kunst“ ins Zentrum seiner Argumentation. Politische Überlegungen wie Einwände werden ausgeklammert, allenfalls nachträglich in Zusatzveranstaltungen thematisiert. Kulturpolitik wird von Noever nur als Erfüllungsgehilfe im Sinne des Geldgebers akzeptiert und als einzige entsprechend hofiert – Kulturministerin Claudia Schmied musste sich nach der Gestaltung ihres Büros und mehreren Besuchen im MAK Center Los Angeles sogar Noever-Hörigkeit nachsagen lassen. Peter Noever ist mit seinen knapp 70 Jahren kein moderner Museumsdirektor, der locker mit potentiellen Sponsoren parliert, für den transparente Abrechnungen bei Besucherzahlen eine Selbstverständlichkeit sind oder der eine klare Trennlinie zwischen seiner Person und der Institution zieht, wie es auch von modernen Managern verlangt wird. Noever ist einer der letzten, wenn nicht der letzte Patriarch der Institution Museum. Das hat ihm in letzter Zeit einige – aus heutiger Sicht berechtigte – Kritik eingetragen, die ganz im Sinn seiner Haltung natürlich viel eher gegen seine Person als das MAK gerichtet ist – und ihn damit umso mehr trifft. Der Zeitgeist im Museumswesen hat sich gewandelt und verlangt nach Persönlichkeiten, die konträre Positionen zum Wohl der Institution zu verbinden vermögen, für die ein Selbstverständnis als Dienstleister am Publikum nicht eine Korrumpierung der Freiheit der Kunst bedeutet und die eine gesellschaftspolitische Wirkung der Kunst mit einer umfassenden Transparenz des eigenen Hauses zu unterstützen können. Diese „neuen Tugenden“ wird die noch in den nächsten Monaten zu bestellende neue Leitung des MAK erfüllen müssen. Peter Noever bleibt das Verdienst, das MAK zu einer der international renommiertesten Kunstinstitutionen des Landes gemacht zu haben – und das nicht nur bei Reiseveranstaltern. Mit seinem in der Pressekonferenz präsentierten Jahresprogramm für das Jahr 2011 setzt Peter Noever seine Kompromisslosigkeit (nicht nur auf dem Transparent hinter dem Rednerpult) konsequent fort: Wenn das Budget für Ausstellungen nach seinem Maßstab nicht vorhanden ist, bleiben die Ausstellungshallen eben leer. Noch bis zum 5. Mai läuft noch die große Werkschau von Eva Schlegel im Erdgeschoß, die danach mit diversen Vermietungen gefüllt wird, bevor ab dem 7. Dezember Helmut Lang nicht mit seiner Mode, sondern mit seiner Kunst in das MAK einzieht. Die Ausstellungshalle im Obergeschoß beherbergt 2011 ebenfalls nur zwei Ausstellungen. „Rudolf Steiner – Alchemie des Alltags“ (22. Juni bis 25. September) und vom 30. November bis 15. Jänner 2012 „2x 100 beste Plakate“ aus Österreich, Deutschland und der Schweiz, ergänzt durch Bestände der MAK Sammlung. Viel mehr Betrieb herrscht dagegen in den MAK Schausammlungen mit Industriemöbeln, Verpackungsdesign, einer Intervention von __fabrics interseason, dem Kaffehaus-Experiment von Gregor Eichinger, SPAN architecture & design (die Gestalter des Österreich-Pavillons auf der Expo 2010 in Shanghai) in der MAK Galerie und den Präsentationen im Rahmen der dienstäglichen MAK NITEs. Details zum Programm unter: www.mak.at
Mehr Texte von Werner Rodlauer

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