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BRAFA Brussels Antiques and Fine Arts Fair: Tintin for President

Die 56. BRAFA in Brüssel spielt weiter in der Champions League Eine sehr traditionsreiche Veranstaltung, die BRAFA. Heuer findet sie zum 56. Mal statt. Chapeau! Von altägyptischer und präkolumbischer Kunst über klassische Antiken bis hin zur Moderne findet jeder Sammler wohl etwas, das er liebt, zumal die 132 Aussteller (53 belgische) aus 13 Ländern (Österreich leider nicht dabei, warum weiß keiner) internationalen Niveaus auch durch die breite Skala der Zeiten und Gattungen multa et multum bieten, und das zu Preisen vom unteren vierstelligen Bereich an. Mehr als 20 Neuaussteller sind dabei, darunter Numisart aus München, die auch bei der AIFAF in Palm Beach Anfang Feber ausstellen werden und Tilman Roatsch (Haag, Oberbayern). Elf Aussteller sind nach einer Pause zurückgekehrt, was ja auch für die Messe spricht. Es gibt, wie es sich für eine führende Messe gehört, Sonderobjekte (etwa Audi-Oldtimer vom Co-Sponsor Audi AG) und einen Ehrengast, das Museum Mayer van den Berg aus Antwerpen, das die Werke der Sammlung des Fritz Meyer van den Bergh (1858-1901), der in seinem nicht allzu langen Leben mehr als 3000 Kunstwerke erworben hat, darunter so berühmte wie die „Dulle Griet“ vom älteren Pieter Brueghel. Ein Museum, das den Besuch lohnt – gerade so wie bei der BRAFA, die mit der Biennale des Antiquaires in Paris und der Tefaf in Maastricht in einer Liga spielt. Um das zu sehen, reicht schon ein kurzer Blick in die Ausstellerliste, die unter anderem Namen aufführt wie Berès (Paris), Cybèle (Paris), de Backker (B-Hoogstraten), de Jonckheere (Paris), Eberwein (Göttingen), Finch & co (London), Ludorff (Düsseldorf), sowie Phoenix Ancient Art (Genf), Steinitz (Paris), Theotokopoulos (Madrid), und Vervoordt (’s Gravenwezel), also durchaus ein kunsthändlerisches Who is Who. Die sehr angenehm gestaltete Halle im Tour & Taxis-Komplex beeindruckt, und ein guter Service und ein Catering, von dem die Aussteller nicht müde werden zu schwärmen, unter anderem bereitgestellt vom Hauptsponsor, der Privatbank Delen, die in einer großzügigen Lounge ihre betuchten Kunden auch auf der Messe pflegt. Betucht ist gut, aber geben die Sammler auch Geld aus? In Brüssel ganz offenbar ja. Christian Niederhuber und Oliver Habel von Numisart, München, die eine beeindruckende römische „Fortuna“ (etwa 2/3 lebensgroß, um 150 n.u.Z.) für 145.000 Euro auf dem Stand haben, sagten dem artmagazine.cc: „Es läuft gut. Wir mögen diese imposante Messe. Sie hat ein schönes Ambiente und das Publikum ist super – Menschen, bei denen wirklich etwas dahintersteckt.“ Und Pascal Lansberg (Paris), bei dem die überlebensgroße Nana von Niki de Saint Phalle 750.000 Euro kostet stieß in dasselbe Horn: „Die Messe zeigt ein sehr freundliches Gesicht!“ Im Angebot sind zwar einige beachtlichere Altmeistergemälde, aber der Akzent liegt doch eher auf dem 19. Jahrhundert, das mit sehr emotionalen und typischen Bildern die Aufmerksamkeit erregt, und von der Nachkriegsklassik, auch oft in späten Werken, ist man hier keinesfalls enttäuscht. Da hat’s etwa Pierre Alechinsky bei Jamar aus Anvers (frz. für Antwerpen … ), Georges Mathieus „Rève de flamme“ von 1990 für 95.000 Euro bei Hurtebize aus Cannes, ein Relief nach Léger (1953) bei der Galerie Fleury (Paris) und Poliakoff bei David Lévy (Paris). Auffällige Altmeister: Unter anderem Jan der jüngere Brueghel mit einer Luft-Allegorie bei Xavier Goyet (Paris), ein „Sommer“ von Abel Grimmer bei de Jonckheere (Paris) und ein Stillleben von Francisco Barranco (1647) auf dem Stand der Linares Gallery (Madrid), die übrigens seit 1883 existiert. Antiquitäten werden in breiter Auswahl angeboten, Silber vor allem, viel schöner alter Schmuck (der sich auf Antiquitätenmessen traditionell gut verkauft) und herzallerliebste Wunderkammer- und Vitrinenobjekte. So bietet Dario Ghio aus Montecarlo eine mittelgroße Sammlung von diversen Totenköpfen (auch solche, die von Schlangen umzüngelt werden). Eine hübsche Reihe musealer flämischer Heiligenfiguren des 15. bis 16. Jahrhunderts (zu Preisen zwischen 12.500 und 25.000 Euro) findet sich bei de Backker Medieval Art aus Hoogstraaten – die möchte man gleich alle auf einmal mitnehmen. Und das würde nur knapp 70.000 Euro kosten. So viel Qualität für so wenig Geld – wo gibt es das noch? Auf den Kunst und Antiquitätenmessen ist die „Braune Ware“, vulgo Möbel, stets gut vertreten, so auch auf der BRAFA. Erstteilnehmer Tilman Roatsch aus Haag in Oberbayern (östlich von München, Richtung Burghausen …) hat vier großartige und gemütliche Barocksessel, aber auch einen Achtung gebietenden Augsburger Schreibschrank (um 1780) aus geschwärztem Birnbaumholz mit Säulen aus Alabaster, gestaltet in Anlehnung an Kabinettschränke, für 79.000 Euro. Und bei den Möbeln kommt ja „Design“ mit ins Spiel. Oft treibt das dem Besucher die Tränen in die Augen. Nicht so hier, denn was bei der Pariser Galerie Alain Marcelpoil steht, ist ein höchst begehrenswertes Ensemble. A propos Begehren: Bei Marc Heiremans aus Brüssel gibt es eine eine ganze Wand ausfüllende Vitrine mit dem Besten, was in Murano im 20. Jahrhundert geschaffen wurde, aktuell aus den 20er bis 40er Jahre, also der Periode, wo das Schlichte und Klassische wieder dominierte, bis hin zum Nachschöpfen von Glasgefäßen aus Renaissance-Bildern) Preise von 2500 bis 50.000 Euro). Am Ende ist noch zu erwähnen, dass, da man ja in Belgien weilt, die Comic-Figur Tintin nicht fehlen darf. Und die hat’s in Hülle und Fülle bei Slomka (Brüssel), sogar als lebensgroße Skulptur in Bronze von Nat Neujan. Ja, ja, Tintin for president (könnten die regierungslosen Belgier gerade gut gebrauchen). Eine begeisternde Messe. Für Jänner 2012 unbedingt vormerken!
Mehr Texte von Gerhard Charles Rump †

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BRAFA Brussels Antiques and Fine Arts Fair
21 - 30.01.2011

Tour & Taxis
1000 Bruxelles, avenue du Port 86 C/ B
http://www.brafa.art
Öffnungszeiten: 11 - 19h


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