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Die traurigsten Museen der Welt

Ein Wahlaufruf von Vitus Weh Das Jahr neigt sich zu Ende und die Zeit der Besinnung, der Rückschau und der Bewertung bricht an. Ein beliebtes Medium hierzu sind Hit- und Bestenlisten, und eine solch würde auch ich gerne erstellen. Das Thema, das mir dafür unter den Nägeln brennt, ist der nach wie vor boomende Museumsbau. Unzweifelhaft sind Kulturbauten die neuen (in Ablösung der Kirchenbauten) kommunalen Symbole. Neben ihren funktionalen Aufgaben spiegeln sie zugleich kollektive Wünsche und Ideale wider. Und da stellt sich dann natürlich die Frage, ob man mit der jeweiligen Symbolik einverstanden ist. Also: Welches Museum erscheint zivilgesellschaftlich besonders gelungen? Welches aus anderen Gründen? Da sich solche kollektiven Wunschproduktionen nun natürlich nicht von einer einzelnen Person entscheiden lassen, würde ich die finale Liste gerne mit Ihnen, geneigte Leser und Leserinnen dieser Kolumne, gemeinsam erstellen. Konkret vorschlagen möchte ich zwei unterschiedliche 10er-Listen: Eine für die besten und die andere für die schlechtesten Museen. Um einen Grundstock vorzulegen, benenne ich auch gleich einige persönliche Präferenzen und Antipathien. Dass sie alle aus dem Ausland stammen, hat nichts weiter zu bedeuten, als dass ich den Rahmen gerne international anlegen würde. Ihre eignen Präferenzen und Antipathien (mit kurzer Begründung) senden Sie bitte an vitus.weh@chello.at. Zum Jahreswechsel wird dann die kollektive Liste veröffentlichen Präferenzen: St. Kolumba in Köln (Der Neubau von Peter Zumthor fügt sich elegant in die desolate Nachkriegsarchitektur der Kölner Innenstadt ein. Auch im Inneren überzeugt er mehr durch feine Details als durch große Gesten. Die Sammlungspräsentation setzt ganz auf Stille und Reduktion an Exponaten). LiMo, Literaturmuseum der Moderne in Marbach am Neckar (der Neubau von Arch. Chipperfield erscheint von außen wie ein spätklassizistischer Tempel. Im Inneren dominiert das Material Holz, wodurch eine sehr warme Stimmung erzeugt wird. Die Literatursammlung selbst wird hingegen von kleinen tragbaren Labtops vermittelt, die durch ein Labyrinth an glitzernden Vitrinen führen.) Sammlung Goetz in München (der kleine Kubus steht zwar schon seit längerem im Privatgarten der Sammlerin, aber er bewährt sich nach wie vor exzellent für die darin stattfindenden wechselnden Sammlungspräsentationen. Für das Erlebnis dieser besonderen Intimität lohnt auch die weite Anreise) Antipathien: Kunsthalle Mannheim (Der ursprüngliche Jugendstilbau von 1907 wurde durch einen 1983 fertig gestellten Erweiterungsbau völlig verhunzt: Die Foyersituation leidet unter ihrer erzwungenen Multifunktionalität, das Innere wird von einem völlig sinnlosen Forum dominiert. Die an sich hervorragende Sammlung hat keinen Platz) MACBA, Museu d’Art Contemporani de Barcelona (Das von Arch. Richard Meier entworfene Gebäude ist auch 15 Jahre nach seiner Eröffnung ein städtebaulicher Fremdkörper. Für das weiße Hochregallager wurde einst ein Bezirk der lebendigen Ramblas planiert. Auf dem Platz davor ist jedoch kein neues Leben entstanden. Auch im Inneren gähnt der leere Raum) Museum Ludwig, Köln (Die großen Raumvolumina erzwingen Bildformate, die oft hohl wirken. Die Industriebauzitate lassen im Museum noch bei laufendem Betrieb dessen Zukunft imaginieren: als Ruine).
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Ihre Meinung

4 Postings in diesem Forum
museen-ranking
dietmar steiner | 15.12.2010 11:33 | antworten
nur zwei ergänzungen zu den vorschlägen: 1. kolomba von zumthor in köln ist ein zweifelhaftes "wellness-museum" (© wilfried wang). overstyled und schlechte räume. mehr ein zumthor-museum. viel besser dagegen, obwohl mit ähnlichem thema: museum stift altenburg von jabornegg/palffy! 2. das MACBA hat nichts mit der rambla zu tun. das quartier heisst raval. und ja, es wurde zum zwecke der gentrification dort vor jahrzehnten errichtet, ebenso wie das CCCB, und die rambla raval. es war die gefährlichste gegend von BCN. ist jetzt befriedet, durch die zuwanderung von pakistanischen großfamilien. ich mag das MACBA nicht, aber es gibt wesentlich schlechtere neue museen. die urbanistische kritik geht jedenfalls daneben. 3. deshalb zur methode des rankings: welcher zeitraum der errichtung ? die ganze welt ? # denver art-museum von libeskind: eine katastrophe: da werden die besucher krank! # deyoung-museum von herzog+DeMeuron: räumlich großartiges warenhaus. ...und so gibts noch hunderte andere beispiele weshalb mir das ranking schon sehr kleinkariert, mit beschränktem horizont erscheint..... und ich mich für die dafür nötige arroganz auch gleich entschuldige!
Antipathie
AndreasP | 16.12.2010 01:28 | antworten
Ich hege eine ausgeprägte Antipathie gegen alle Nachkriegsbauten des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg. Städtebaulich eine Katastrophe, als Museum völlig ungeeignet, Aufenthaltsqualität null. Außerdem hasse ich alle Museen, in denen Fotografieren verboten ist.
Klarstellung
AndreasP | 16.12.2010 01:30 | antworten
Zur Klarstellung, denn vielleicht war mein Kommentar gerade missveständlich: in Nürnberg ist das Fotografieren erlaubt, der zweite Punkt hat mit dem ersten nichts zu tun.
Museen als präferierte oder unsympathische Architektur
Walter Stach | 23.12.2010 12:29 | antworten
"Welches Museum erscheint zivilgesellschaftlich besonders gelungen?" fragt sich und uns der Autor des Artikels. Eingegrenzt werden dann gleich in den bisher gelieferten Antworten diese primär auf die architektonischen Qualitäten der erwähnten Häuser. Das ist nur folgerichtig, wenn man an der Ideologie vorbeisieht, dass die Museen erstlich und letztlich für ihre BesucherInnen da ein sollen. Und so ist auch bei der kritischen Beurteilung nicht auf die im Inneren der Gebäude praktizierte Qualität der Vermittlung des präsentierten Objektbestands zu achten.

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