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Basel Ancient Art Fair (BAAF): Antike Haupt- und Staatsaffaire

Klein aber fein – nein, das wäre hier viel zu wenig. Klein ja, die Basel Ancient Art Fair (BAAF) hat nur 16 Aussteller. Aber fein ist viel zu wenig – das ist eine allerhöchst kaiserhäusliche Affaire, denn die 16 Antikenhändler gehören zu den 25 wichtigsten der Welt. Ihre Kunstwerke sind das Beste, was derzeit auf dem Markt verfügbar ist. Und es geht nur um Antiken, nichts anderes. Das zieht ein ebenso hochkarätiges, gebildetes und von Leidenschaft durchdrungenes Publikum an. Die Branche zeigt sich auf der BAAF zuversichtlich und frisch gestärkt, denn de Kriminalisierungsversuche der jüngeren Vergangenheit sind abgewehrt, man kann wieder vernünftig arbeiten. In der Schweiz ist zudem durch eine gesetzliche Regelung von 2005 Ruhe eingekehrt. Antiken handeln und sammeln ist eine gerade in Europa sehr traditionsreiche Angelegenheit – es ist sehr viel Material da, und, das aus den Ursprungsländern (Italien, Ägypten, Irak zum Beispiel) nichts mehr kommt, ist das ein glücklicher Umstand, der den Markt mit ausreichender Zahl von Kunstwerken versieht. Immerhin ist kürzlich in Griechenland von seriöser Seite gefordert worden, die mehr als 140.000 antiken Stücke in den Museumsdepots, die man nicht wirklich braucht (da man schon 12 bessere der gleichen Art besitzt) und die auch konservatorisch nicht richtig behandelt werden können, zu verkaufen. Das wäre eine spürbare Belebung des Marktes. Anders auf als anderen Märkten, wo man, etwa bei Alten Meistern oder auch der Moderne, oft mit den Ohren (sprich: nach Namen) kauft, gibt es bei den Antiken nur selten Gelegenheit dazu. Die Schöpfer der weitaus meisten Objekte sind unbekannt. Hier zählt die Aura des Werkes, nicht die des Namens. Hier ist das Werk der Wert. Hervorgegangen ist die – nunmehr siebte – BAAF aus der einstigen Tefaf Basel, die später in Cultura umbenannt wurde. Als kleine, stark fokussierte Veranstaltung hat sie mittlerweile länger überlebt als ihre Vorgängerveranstaltungen und zeigt sich rund und gesund. So konnte Cybèle (Paris) als Neuaussteller gewonnen werden, man hat die Archäometrie-Firma PAZ (Bad Kreuznach) und das Art Loss Register als Gäste, und man bietet das gewohnte, reichhaltige Rahmenprogramm inklusive besonderer Touristik-Angebote und Hotelpauschalen. Full Service à la Schweiz. Zwar war in jüngster Zeit ein wenig von der internationalen Krise auch auf dem Markt für Antiken zu spüren, aber der Nachfrage-Einbruch war längst nicht so dramatisch wie in anderen Bereichen, auch weil die Antiken-Branche es geschafft hat, das Vertrauen beim Kunden zu erhalten. Man lässt zum Beispiel (Ehrencodex des Antikenhändler-Verbandes IADAA, dem hier alle Aussteller angehören) sämtliche Objekte jenseits eines Wertes von 5000 Euro automatisch mit dem Art Loss Register abgleichen. Was dennoch oft Probleme macht, ist die so genannte "verlorene Provenienz": Stücke, die seit langer Zeit in Europa sind können oft nicht (mehr) am Markt platziert werden, weil die Original-Dokumente verloren gegangen sind. Da heisst es dann mühsam zu recherchieren. Manchmal bringt das Überraschungen zu Tage, dass einmal eines der ganz großen Museen eine Antike nicht kaufen wollte wegen des Fehlens der Provenienz. Die Experten des Museums hätten aber nur in ihre eigenen Kataloge schauen müssen, denn sie hatten das Werk in den 50er Jahren selbst schon einmal ausgestellt. Solche und andere spannende Geschichten erzählen die Händler gern dem Publikum. So konnte etwa Haering (Freiburg) einmal eine Medusa im Schutzgestus erwerben, aber auf der nächsten Messe nicht verkaufen. Ein Glücksfall, denn kurze Zeit später fand er in einer Sammlung zwei gleichartige Stücke, die er erwarb. Nun waren die drei Füße einer sehr großen etruskischen Bronze-Schale (etwa 1 Meter im Durchmesser) wieder vollständig versammelt. Und, kein Wunder, jetzt konnte er sie bei der Vernissage verkaufen. Ebenso wie einen sabäischen Stier aus dem 4. Jh. vor, ein wunderschönes Stück in abstrahierter Linienführung. Der bescheidene Preis für ein großartiges Werk: 8500 Euro. Warum heute noch Antiken gesammelt werden, dafür hat es wenigstens zwei Gründe. Einmal die europäische Bildungstradition, zum anderen die Tatsache, dass die Antike durchgängig als Modell für das Zeitgenössische eingestanden ist, von der Renaissance über den Klassizismus bis in die Moderne, denn die – stets neue – Wahrnehmung der Antike war auch für Klee und Co. eine große Inspirationsquelle. Museen treten auch wieder verstärkt als Sammler auf, wenn auch der begeisterte private Sammler das Geschehen bestimmt. Mittlerweile gesellen sich auch die Innenarchitekten dazu. Heute sammelt man weniger systematisch als eklektisch. Das ist aber nicht weiter schlimm, schließlich zeugt das auch von einer besonderen Wertschätzung des erworbenen Werkes. Ein Museum hat sich auch schon als Interessent gezeigt für einen Dyonisos mit Pan, eine etwa 150 cm hohe römische Marmorstatue (2. Jh. Nach), die aus einer süddeutschen Sammlung stammt. Puhze (Freiburg) bietet sie an und ist zuversichtlich. Aus New York kommt der quicklebendige (mittlerweile 80jährige) Jerome Eisenberg (Royal-Athena Galleries, New York und London) angereist, der an allen Baseler Antikenmessen teilgenommen hat. Heuer konzentriert er sich auf Vasen, 48 hat er mitgebracht. Eisenberg handelt seit 68 Jahren mit antiken Münzen und seit 53 Jahren auch mit anderen antiken Kulturzeugnissen, und das auf breiter Basis: Griechisches, Etruskisches, Römisches, Byzantinisches und Kulturgut aus dem Nahen Osten kann am bei ihm kaufen. "Wir haben", so Eisenberg zum artmagazine.cc, "trotz der Krise ein stabiles, ein gutes Geschäft." Das hängt wohl auch damit zusammen, dass Antiken sich weniger gut zur Spekulation eignen, um einen schnellen Dollar zu machen. Das ist ein Markt mit einigen eigenen Gesetzen, weniger der Spekulant als vielmehr der kenntnisreiche Liebhaber bestimmt hier das Geschehen. Bei Rhéa (Zürich) etwa, wo ein Fragment eines Musenaltares mit einem sehr ausdrucksvollen Porträtkopf auf einen Käufer wartet. Eine Dame hat sich hier als Muse Terpsichore (Tanz) darstellen lassen, im 3. Jh. Nach Christus, und so etwas kostet gerade einmal 60.000 Franken. Römische Porträts zeigt auch Rupert Wace (London), auch den plastischen Schmuck von antiken Marmormöbeln (des wahrscheinlich eh' beschädigten Restes hat man sich schon vor langer Zeit entledigt). Aber Wace hat auch einen fantastischen ägyptischen Katzenkopf (um 500 vor Chr.), der visuell den vorderen Teil des Standes beherrscht (Preis im unteren fünfstelligen Bereich). Jean-David Cahn (Basel), mit dem schicksten Stand der Messe, ist der local hero (und einer der wichtigsten internationalen Händler) und präsentiert ein breites, hochqualitatives Angebot, so wie etwa auch Archea Ancient Art (Amsterdam), wo ein ägyptisches Sarkophagfragment (mit Gesicht) fasziniert (7. Jh. Vor). Auch Bigler (Rüschlikon / Zürich) hat eine Sarkophagmaske mit polychromer Bemalung (um 900 vor Chr.), die über die Zeiten hinweg vom großen Humanum spricht. Was nicht fehlen darf, ist antiker Schmuck. Arte Classica Edith Bader-Koller aus Massagno bietet hier einiges an, das die Herzen höher schlagen lässt. Etwa einen nabatäischen Anhänger (Gold, Granat, Glas), syro-römisch (1. Jh. Nach Chr.). Die BAAF ist eine Messe, die beweist, dass das Beste nur im kleinen Kreis gedeiht. Hinschauen!
Mehr Texte von Gerhard Charles Rump †

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Basel Ancient Art Fair (BAAF)
05 - 10.11.2010

Wenkenhof
4125 Riehen b. Basel, Bettingerstrasse 121
http://www.baaf.ch
Öffnungszeiten: Täglich 11-19, letzter Messetag bis 18h


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