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Figura cuncta videntis (Das allsehende Auge): Meditation im Spektakel

Bereits im Treppenhaus in Francesca Habsburgs Thyssen-Bornemisza Art Contemporary macht die Ausstellung „Figura cuncta videntis. Hommage an Christoph Schlingensief“ lautstark auf sich aufmerksam: Vogelgeschrei, Kreischgesang und hysterisches Brüllen schallen einem entgegen – eine Geräuschintensität, die perfekt zur Kunst des im August verstorbenen Schlingensief passt. Rund um Schlingensiefs „Animatograph (Iceland Edition)“ versammelt die Schau Performance-Arbeiten – etwa eine exaltierte Videoarbeit von John Bock, in der sich eine etwas verworrene Geschichte entspinnt, die Dokumentation einer Performance der zumindest im Kunstbereich notorisch überschätzten Crossover-Gruppe Chicks on Speed, eine Parsifal-Inszenierung von Jonathan Meese inklusive dazugehöriger Papierarbeiten. Den Höhepunkt bildet der Animatograph selbst, der sein Publikum mit stinkenden Fischskeletten begrüßt und sodann auf einen aufregenden Parcours durch beschmierte Bretterwände, Vogel-Strauß-Objekte, Video-Inszenierungen und Architekturmodelle schickt; basierend auf Schlingensiefs langem Island-Aufenthalt, geht es um Mythengut ebenso wie etwa das weltweit erste Parlament, das auf isländischem Boden stand. Doch auch Ruhigeres präsentiert man, etwa Ragnar Kjartanssons bezwingende Musikperformance, die auf fünf Videos im Dachboden läuft: Der Künstler macht in den Rocky Mountains gemeinsam mit einem Kollegen Musik, ein in seiner unprätentiösen Haltung meisterhaftes Stück zum Verhältnis zwischen Natur und Kultur, Disziplin und Freiheit, das schon bei der Biennale Venedig 2008 zu begeistern vermochte. Gerade diese meditative Arbeit jedoch wird von der Soundkulisse empfindlich beeinträchtigt. Die Ausstellung bietet zweifellos einen guten Überblick über zeitgenössische Performance-Positionen mit Schwerpunkt Trash. Den wichtigtuerischen, aber hier unpräzise verwendeten Titel, der auf den Mathematiker und Philosoph Nicolaus Cusanus zurückgeht, hätte man sich freilich sparen können. Die Tatsache, dass man den „Animatographen“ installiert hat, ist ohnehin spektakulär genug.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Figura cuncta videntis (Das allsehende Auge)
17.11.2010 - 16.04.2011

Thyssen-Bornemisza Art Contemporary (alte Location)
1010 Wien, Himmelpfortgasse 13/9
Tel: + 43 1 513 98 56, Fax: + 43 1 513 98 56 22
Email: office@tba21.org
http://www.tba21.org
Öffnungszeiten: Di-So 12-18 h


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