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African Lace - Österreichische Stoffe für Nigeria: Vorher: Nachher – und danach

Last Minute Angebot: Noch bis 14. März, da erfreulicherweise verlängert worden, kann im Völkerkundemuseum in Wien einem erstaunlich-fabulös-schräg-pittoresken Modekapitel aufgespürt werden: Vorarlberger Stickereistoffe werden seit den frühen 1960er Jahren nach Nigeria exportiert und haben dort im Lauf der Jahre als African Lace (Afrikanische Spitze) Erfolgs- und Modegeschichte geschrieben. Bewusst will man in der Schau das Land von seiner (zuletzt auch) lebensfrohen, kreativen und luxuriösen Seite darstellen – in den 50 Jahren seit der Unabhängigkeit von Großbritannien kam Nigeria eher wegen fataler innerer Kämpfe und Hungersnöte in die internationalen Schlagzeilen. Vorher Prachtvoll gestickte, traditionelle Toben - jene weit geschnittenen, über den Schultern lose hochgefalteten Überhemden - sowie handgewebte Stoffbahnen mit herkömmlichen Musterungen bilden den ersten Teil der Ausstellung. „Die Männer tragen Toben, Unterhemden und weite Hosen, die man Sokoto nennt. (…) Die Kleidung der Frauen ist viel einfacher. Sie besteht aus zwei oder drei Wickeltüchern und einem Kopfschmuck.“ So wird ein Familienportrait aus dem ausgehenden 19. Jh durch ein Zitat des Yoruba-Forschers Rev. Samuel Johnson kommentiert. Spannend zu sehen ist die Gegenüberstellung einer Bregenzerwälder Frauentracht aus dieser Zeit. Es erscheint fast als eine logische Folge, dass sich beide Stickereiambitionen einmal kreuzen müssen... Nachher Die überlieferten nigerianischen Schnittformen wurden bis dato beibehalten bzw. schlichte, glatte Hemd- und Blusenformen neu dazu entworfen – allerdings verleihen die raffiniert gemusterten Lace-Stoffe neues Flair. Modebewusstsein und ein Faible für exotische Stoffe (aus Europa oder Indien) wird den Yoruba schon seit dem Beginn des Seehandels im 16. Jh. bescheinigt und ab dem ausgehenden 19. Jahrhundert – etwa seit der Kolonisation ab 1861 – wurden westliche Stilelemente von ranghohen Trendsettern übernommen. Spektakuläre Muster auf Wachsdruckstoffen und erste Spitzenstoffe aus der Schweiz oder Vorarlberg fanden vermehrt den Weg nach Westafrika. Diese One-Way-Situation ändert sich in den Handelsbeziehungen mit den Herstellern aus dem Ländle ab den 1970er Jahren. Die vielfältigen floralen oder abstrakten Musterungen und vor allem die Farbgebungen werden subtil den Geschmackstrends der Kunden angepasst und ggf. gemeinsam weiterentwickelt. Nicht selten durchziehen so auch Mercedesstern, Rolls Royce-Emblem u. a. Automarken, Damensandaletten, Kronen oder Tirolerhüte den Rapport der Stoffe. Der Untertitel des Kataloges – African Lace. Eine Geschichte des Handels, der Kreativität und der Mode in Nigeria – fächert das Thema detailliert auf und dokumentiert bestens die weiteren Ausstellungsschwerpunkte: Ausgesuchte Kreationen der bekanntesten ModedesignerInnen Nigerias, die modischen Ensembles der High-Society mit ihren ausladenden Kopftüchern „Gele“, ein künstlerisches Fotoprojekt von Sascha Reichstein und Einblicke in Arbeitsweisen in den Produktionsstätten in Vorarlberg und in die „goldenen Jahre“ der Handelsbeziehungen. Und weiter? Dass an diesen Absatzboom weiterhin uneingeschränkt angeknüpft werden kann, ist unrealistisch. Auch das geht unverhohlen aus den Darstellungen hervor: Die Finanzkrise und Nachahmungen bzw. Plagiate aus China setzen die Vorarlberger Produzenten unter erheblichen Preis- und Nachfragedruck. Gleichwohl baut man auf die Treue der Kunden, die sich auch weiterhin den Luxus erstklassiger Qualität nicht entgehen lassen wollen.
Mehr Texte von Aurelia Jurtschitsch

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African Lace - Österreichische Stoffe für Nigeria
22.10.2010 - 14.03.2011

Weltmuseum Wien
1010 Wien, Neue Burg
Tel: +43 1 534 30 – 5052
Email: info@weltmuseumwien.at
http://www.weltmuseumwien.at/
Öffnungszeiten: täglich außer Dienstag 10-18 Uhr


Ihre Meinung

2 Postings in diesem Forum
Stoffe aus Afrika
Anna Coucoutas | 22.02.2011 09:11 | antworten
Angeregt durch die Ausstellung Stoffe für Afrika möchte ich mich vorstellen. Seit Jahren sammle ich Stoffreste aus afrikanischen Ländern. Entwurf, Druck, Verarbeitung. Eine Designerin in Wien verarbeitet sie zu schönen Modellen, die Abfälle faszinieren mich in ihrer Vielfalt und Farbe. Ich mache daraus Bilder und ergänze sie mit Materialien und kreativen Ideen. Ich würde mich freuen, wenn Sie Interesse an einer Präsentation meiner Arbeiten hätten. Vielen Dank, Anna Coucoutas, 0676 351 95 45
Stoffe aus Afrika
Marianne Weiland | 04.05.2011 09:24 | antworten
Guten Tag Frau Coucoutas, Gearde habe ich Ihren Eintrag im Artmagazine gelesen. Ich bin am letzten Sonntag von einer Reise nach Namibia mit einer Tasche voller Wax prints zurückgekehrt und ganz begeistert von diesen Stoffen! Als Schneiderin und Textildesignerin bin ich natürlicherweise an Stoffen und Colorits interessiert. Jedoch geht meine Frage an Sie, ob SIe eine Homepage betreiben, ob man sich zumindest per Internet kennen lernen kann und voneinander weiß!? Meine Homepages: www.arsfundi.de und www.mw-design.de! Beste Grüße Marianne Weiland 32676 Lügde

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