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Inci Furni - Parrot can't talk, Ali Taptik - Cover: Netzhautpuls im Plus

Kunst handelt mit Artefakten, denen man das Sprechen zutraut, ohne, dass man die Sprache der Betrachtung vorher schon gekannt haben will. Erwartet wird, dass Kunst im Angesicht des Geräuschs von Welt einen eigenen Raum einnimmt. So gesehen wird Kunst nicht soviel anders behandelt als Papageien oder Handies. Krinzinger Projekte präsentiert eine Ausstellung von zwei jungen Künstlern aus der Türkei. Ali Taptik zeigt im linken Raum „Cover“, Mittelformatfotografien in malerischer Farbigkeit. Zu sehen sind Hausfassaden mit Fahnen davor oder einem einzeln beleuchteten Fenster oder verhüllt von einem abenteuerlichen Baugerüst, weiters Schutthaufen, Eingänge, Körper mit Narben oder Bikinistreifen oder verschiedenen Brüsten und Männerbeine auf einem Sofa unterhalb einer Jalousie. Nichts ist explizit das, was es ist, aber es ist auch nicht beiläufig – die Geschichte, die erzählt wird, fängt erst an und ist auf die Fantasie des Betrachters angewiesen. Ein Buch mit sattgrauen Großaufnahmen der Teernarben auf Wiener Bürgersteigen, während des Gastaufenthalts bei Krinzinger Projekte entstanden, liegt aus und beleuchtet die mythische Graphensetzung des Zufalls allfälliger Straßenbauarbeiten. Inci Furni im rechten Raum subsumiert ihre Arbeiten unter dem Titel „Parrots don´t talk“. Sieben große und vierzehn kleine gerahmte Arbeiten führen den Betrachter in eine Bildwelt, deren Dechiffrierung Zugang zu einem eigenwillig poetischen Neuland bewirken könnte. Ein gemalter Papagei hängt unprätentiös entrückt über Kopfhöhe und übers Eck; die Arbeit heißt „Parrot can´t talk“. Daneben wuchert die Malerei über den Bildrand des ungerahmt gehängten Papiers hinaus, bleibt aber auf der Wand blass und etwas befangen im spröden Reiz des Versuchs, eine formale Verknüpfung zu kreieren, die vielleicht gar nicht gebraucht würde. Die Farbskala wird bestimmt von großflächigen Schwarz-Weiß-Kontrasten. Die Formensprache der Stadtsilhouetten, bestrumpften Beine, Ballonröcke, gepolsterten Astronautenanzügen, Kopfhörer und Autos ist unaufdringlich simpel und offenbar auf eine emblematische Direktheit konzentriert, die besonders im zweiten Raum bei seltsamen Begegnungen zwischen Astronaut, Blättern und Gullideckeln zum Tragen kommt. Die Titel entfalten gelegentlich eine adäquat schräge Unwucht. So werden mit „man washing his wife on his car“ zwei verschieden große Versionen (Wasserfarbe/Mischtechnik auf Papier, 200x150 und 170x121cm,2010) einer speziellen Auseinandersetzung zwischen Mobilität und bürgerlichem Status vorgeführt. Jeder, der die Ausstellung besucht, wird danach der Meinung sein müssen, dass Kunst den Betrachter aber doch anders behandeln kann als Papageien oder Handies können. Auch ohne Kenntnis der türkischen Sprache in dieser Ausstellung trotzdem soviel Verschiedenes, Neues und Schönes wahrnehmen zu dürfen, könnte sich als Standort- und Bildungsvorteil erweisen, den man sich nicht entgehen lassen sollte.
Mehr Texte von Gesche Heumann

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Inci Furni - Parrot can't talk, Ali Taptik - Cover
01.10 - 22.12.2010

Krinzinger Schottenfeld
1070 Wien, Schottenfeldgasse 45
Tel: +43 (1) 512 81 42
Email: krinzingerprojekte@gmx.at
http://www.galerie-krinzinger.at/projekte
Öffnungszeiten: Mi-Fr: 15-17h
Sa: 11-14h


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