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Jochen Rindt, der erste Popstar der Formel 1: Im Scheinwerferlicht des Ruhms

Die Beleuchtungstechnik am Auto ist dazu gemacht, dem Weg im Dunkeln vorzugreifen. Je weiter das Licht fällt, desto schneller kann das Auto fahren – oder aber es hat einen Fahrer, der seinen Weg gleichsam blind findet, alle Kurven des Wegs punktgenau im Blut vorausfühlt und sein Auto entsprechend führt. Ein solcher Autofahrer scheint Jochen Rindt gewesen zu sein, sonst würde man seinen vierzigsten Todestag kaum so reichbebildert begehen wie das Westlicht, das ihn mit 140 Aufnahmen ehrt und den ersten Popstar der Formel Eins ins rechte Licht gerückt zu sehen verspricht. Unbedingtes Merkmal eines Popstars ist Ikoneneignung und Scheinwerferlicht, Hochglanz. Das glamouröseste Merkmal eines Popstars ist vielleicht die Verehrung, die ihm, der entfernten und medial wirksamen Figur, mit Hingabe entgegengebracht wird. Immerhin war Marylin Monroe die erste Ikone des Pop, und Jochen Rindt kommt mit der aparten Stellung seiner Wangenknochen im Kompositum mit seiner Lippenführung und den Augenbraureflexen absolut auf Augenhöhe, was beider Fotogenität betrifft. Sie war sexy, er war es auch. Sie wirkte schnell durch Kurven, er raste schnell durch größere Kurven. Sie wurde von Andy Warhol gemalt. Ihm wurden zwei Rennstrecken in Österreich gebaut. Sie sang für John F. Kennedy. Er bekam einen Siegerkranz von Grace Kelly. Beide starben früh, wie auch James Dean, Caravaggio und Wolfgang Amadeus Mozart u.v.a. Man sagt, wenn mans triftig meint, dabei vielleicht: sie wurden von den Göttern geliebt. Die Versicherungen schweigen darüber, meinen aber: sie haben uns ihren Alzheimer und künstliche Hüften erspart, obwohl sie geraucht haben. Ihr Ruhm konnte wachsen, obwohl sie nicht mehr lebten. Ob sie die Blondanteile der weiblichen oder die Mobilität der männlichen Bevölkerung positiv unterstützten, ist nie sakral in Zahlen gefaßt worden, aber man darf davon ausgehen. Sie spielten überzeugend, was sie waren oder sein wollten – Weltmeister in glamourösem, ferngeliebten Lifestyle, der stilbildend und nicht stilisiert wirkte. Glamour ist gut ausgeleuchtet enorm lässig. Glamour als persönliche Eigenschaft heißt vielleicht wie mit langem Licht geboren, eben fotogen. Fotografisch erfasste Ikonen haben anderen die Eigenschaft voraus, unmerklicher oder schlimmer zu altern als der Rest und bilden vielleicht das größte gespeicherte Jugendbildreservoir der Welt. Das Vokabular der glamourösen Haltung auf den Fotos mit Jochen Rindt, ob mit gehäkelten Atemschutzschal oder im Wildtierpelzmantel vor der Blockhütte, sogar mit Wimmerlpflaster unter dem rechten Nasenflügel erscheint äußerst sehenswert. Gleich zwei Filme beleuchten die Legende außerhalb des fixierten Rundgangs, und man ist absolut eingeladen, über Autofahrer, Scheinwerfer, Lotus, Bremsen und andere Attraktionen mehr verwundert zu sein, erstaunt, vielleicht sogar bittersüß.
Mehr Texte von Charles Nebelthau

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Jochen Rindt, der erste Popstar der Formel 1
03 - 26.09.2010

Westlicht
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Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
rindtmania
dermitdemrindttanzt | 17.09.2010 01:25 | antworten
man muss den rindt zu lebzeiten miterlebt haben, um dieses faszinosum, welches er damals, in den 70ern, besessen bzw. ausgestrahlt hat, einigermassen fassen zu können. er war der erste deutschsprachige f1-weltmeister geworden - also vorreiter von lauda oder schumi. und aus diesem grund genau für die ösis aber auch über die grenzen hinaus extrem identitätsstiftend. was seinen "glamour" oder dieses"pop-ikonenhafte" heutzutage im retro-rückblick ausmacht, war damals noch nicht "kult" sondern "zeitgeist". schade, dass diese zeit der autor offenbar noch nicht miterlebt hat-

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