
Ulrike Lienbacher - Elitekörper // Revolte: Den Körper im Blick
Die aus dem Salzburgischen stammende Künstlerin der mittleren Generation, die in Wien von der Galerie Krinzinger vertreten ist, stellt den weiblichen Körper und seine gesellschaftlichen und psychischen Zuordnungen ins Zentrum ihrer künstlerischen Auseinandersetzungen.
Betritt man den Ausstellungsraum, so fällt der Blick zuerst auf großformatige Zeichnungen von Turnerinnen an der Längswand, danach auf kleinere Zeichnungen und Fotografien an weiteren Wänden. Lienbacher hat hier ein Panorama ihrer Werke gestaltet, das sich dem Betrachter wie ein Parcours erst im Gehen erschließt. Sie hat den Raum durch die Einfügung eines begehbaren Quaders mit verspiegelter Außenwand geteilt, in dessen Innerem ihre Videoarbeiten „Lauf“, „Die Zitrone auspressen“ und „Coaching/Performance“ zu sehen sind.
Er ist eine schwarze Kammer im weißen Ausstellungsraum - white cube –, in der man sich die laufenden Bilder ansehen kann. In den Spiegeln kann sich der Besucher selbst beim Flanieren durch die Ausstellung beobachten und befindet sich zugleich „im Auge des Betrachters“ und in Korrespondenz zu den gezeichneten Frauenkörpern an den Wänden. Das betrachtende Subjekt wird damit gleichzeitig zum Objekt - dieses raffinierte Spiel von „Sehen und Gesehen werden“ führt Lienbacher gekonnt in ihre Präsentation ein.
Inhaltlich geht es bei Lienbachers Kunst aber nicht nur um Fragen von Subjekt und Objekt. Zentrum ist der menschliche Körper, sowohl als Ausdrucksmittel als auch als Projektionsfläche. Ausgehend von feinst ausgeführten Zeichnungen - Strichen , Linie um Linie gesetzt -, untersucht sie auch an Hand von Fotografien das Wirken des - nackten - Körpers in bestimmten Zusammenhängen. So gestaltete sie 2010 unter dem Titel „Nude Pensive“ eine Reihe von Barytabzügen, die sich mit der Rolle von Aktmodellen in Aktklassen auseinandersetzt. Die Künstlerin drückte dabei ihren Modellen Bücher der 20er und 30er Jahre in die Hand, in denen die Performation des Körperkults seinen ersten Höhepunkte erreichte.
Auch dem Sport mit seinem Leistungsgedanken und seinem gnadenlosen Wettbewerb als Variante der Körperlichkeit widmet sich Lienbacher in ihren Videos. In der Performance „Coaching“ befragt Lienbacher einen Sportpsychologen nach dem Wesen des Spitzensports und die dafür nötigen psychologischen Vorraussetzungen. Doch ist es eine sehr abgemilderte, eher unkritische Form, in der sich Lienbacher diesem Thema annähert.
Natürlich geht es ihr, wie so vielen Künstlerinnen vor ihr auch, um die feministische Position, den Körper als Austragungsort gesellschaftspolitischer Prozesse zu zeigen. Dies erfolgt bei Lienbacher aber in einer sehr zurückhaltenden Art und Weise, es fehlt eine gewisse künstlerische Vehemenz, dieses Anliegen zu zeigen, ebenso vermisst man unter dem Titel „Elitekörper“ eine kritische Auseinandersetzung mit der Begrifflichkeit des Nationalsozialismus, der den Körper ja für seine ideologischen Abwegigkeiten missbrauchte. Dennoch ist die Präsentation von Lienbachers Werk in Salzburg eine durchaus gelungene, die gesehen werden sollte.
22.07 - 12.09.2010
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