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Friedrich Schröder-Sonnenstern: König Biskorabhör I.

Friedrich Schröder-Sonnenstern ist einer der schillerndsten, aber auch einer der bekanntesten deutschen Art Brut-Künstler, vielleicht sogar einer, der am meisten gefälschten, und es gibt wohl kaum jemanden, der sich mit dieser Kunstrichtung auseinander setzt, der nicht seine Figuren mit den prallen Brüsten und runden Hintern, aber auch seine skurrilen halb Tier – halb Menschwesen kennen würde. Nicht nur seine Figuren sollte man bewundern, sondern auch seine Texte, die ebenso skurril sind wie seine phantasievollen Wesen, sollte man aufmerksam lesen. Sie eröffnen eine andere Welt der Poesie, nicht, dass sie etwas erklären würden, sie stehen für sich, sind weniger Begleitung als eigenständige Aussage, haben oft nichts mit dem Bild zu tun, unter dem sie stehen, sind für sich zu sehen und doch wiederum Teil des Ganzen. Natürlich gibt es auch Informationen, zum Beispiel erfährt man im Text, der unter dem „König Biskorabhör I.“ steht, er sei: „Der Herr der Welt aller Frösche und ihrer Art wie Stimmverwandten. Dreifacher Weltmeister aller freien und angewandten Quakel/-Wackelhops und Luftschnappkünste nach nur eigenen sehr lustigen Motiven und Methoden sehr üblicher Art. / (Sonnensterns Gestalten)“ – wer jetzt weiss, was oder wer der König Biskorabhör ist, der dürfte ein Spezialist für Schröder-Sonnenstern sein. Friedrich Schröder-Sonnenstern (geboren 1892 als Friedrich Schröder in Ostpreußen – gestorben 1982 in Berlin), war alles mögliche, Gärtner, Zirkusjunge, Schmuggler, Pferdepfleger, Kurpfuscher und Landarbeiter, aber auch Gründer einer Sekte und Wanderprediger. Er verbrachte viele Jahre in psychiatrischen Heil- und Pflegeanstalten, bis er in den 1930er Jahren, im Alter von 57, anfing zu zeichnen. In der Nazizeit als Irrer verfemt und eingesperrt, provozierte er in der prüden Zeit der 1950/1960 Jahre mit seinen „sexistischen Bildern“ Skandale, die er ungerührt als „Lebensrichtigkeit und Lebensnichtigkeit“ kommentierte. Aus dem lebensuntüchtigen, armen und ausgegrenzten Friedrich Schröder, war der „Sonnenstern“ geworden, er war der „Größte“ und er bezeichnete sich als „Dreifacher Weltmeister aller Künste“. So lernte ihn die Kunstwelt kennen. Er malte (eigentlich muss man sagen „zeichnete“, weil er hauptsächlich mit Blei- und Farbstiften, ungemein dicht und sorgfältig, auf Papier oder Malkarton arbeitete) gemeinsam mit Friedensreich Hundertwasser und wurde in prominenten Galerien, wie Springer in Berlin und Brockstedt in Hamburg ausgestellt, aber auch die Kestner Gesellschaft in Hannover und zahlreiche Museen zeigten seine Arbeiten. Schließlich erhielt er sogar einen renommierten Preis für sein Schaffen zwischen Wahnsinn und Genie. Die Ausstellung im Freilichtmuseum Gerersdorf zeigt einen großartigen Überblick über sein Werk, wobei bis auf einige Bilder, die die Galerie Brockstedt zur Verfügung stellte, die 50 anderen aus der Sammlung der Privatstiftung von Peter Infeld (Thomastik-Infeld) stammen. Ebenfalls aus der Privatstiftung Peter Infeld werden im Haus der Kultur in Halbturn Werke der Art Brut und Outsider Art gezeigt, österreichische und internationale Künstlerinnen, wie Madge Gill, Ida Buchmann und Martha Grünenwaldt und Künstler von Jean Dubuffet (dem Begründer und Initiator der Art Brut), über Gaston Chaissac, André Robillard, , Francoise Burland, Adolf Wölfli bis zu Oswald Tschirtner und August Walla. Die Einzelausstellung „Friedrich Schröder-Sonnstern“ im Freilichtmuseum Gerersdorf im südlichen Burgenland ist vom 10. April – 30 Mai 2010, die Ausstellung „Art Brut / Outsider Art“ im Infeld - Haus der Kultur in Halbturn vom 17. April – 13. Juni 2010 zu sehen.
Mehr Texte von Angelica Bäumer

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Friedrich Schröder-Sonnenstern
10.04 - 30.05.2010

Freilichtmuseum Ensemble Gerersdorf
7542 Gerersdorf,
Tel: +43 3328 32255
Email: freilichtmuseum.gerersdorf@aon.at
http://www.freilichtmuseum-gerersdorf.at
Öffnungszeiten: Mo - Fr 9.00 -17.00, Sa, So & Feiertag 10.00 - 18.00


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