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McLaren

Im Jahr 1967 war es in London zu einer Gerichtsverhandlung mit zwei Mitgliedern der Rolling Stones sowie dem Galeristen Robert Fraser gekommen. Zeitkonform ging es um Drogen. Während des Prozesses ließ sich Stones-Gitarrist Keith Richards zu der Bemerkung „Wir sind keine alten Männer, wir befassen uns nicht mit Spießermoral“ herbei und gab damit den Ton für die neue Libertinage vor. Die Prätention von Auserwähltheit, Erhabenheit, Exponiertheit, Abgehobenheit wird hier greifbar, die Anmaßung einer Sphäre, in der Konventionen außer Kraft gesetzt sind. Hier waren sie ganz bei sich, die transgressiven, permissiven Sechziger, die Dekade, da Hipness sich ausgerechnet auf Hippies reimte. Natürlich waren Attitüden wie die von Richards vor allem auch eine Folge der Fankulte, die auf die Protagonisten eindrangen: Exaltiertheit und Enthemmung hatten hier ihr ureigenes Feld, und es gab sie auf Seiten der Gläubigen wie der Angebeteten. Darüberhinaus gehört es zu den Gesetzmäßigkeiten des Prozesses der Zivilisation, dass die Sitten und Unsitten, die zunächst der Oberschicht als Distinktionsmerkmal dienen, nach unten durchsickern, bis irgendwann aus der Delikatesse Manier geworden ist. Irgendwann waren alle auserwählt. Es dauerte bis zur Punk-Bewegung, bis man der Paradoxie dieses allgemeinen Anspruchs auf Außergewöhnlichkeit gewahr wurde. Malcolm McLaren Malcolm McLaren, die Paradefigur des Punk, ist gerade gestorben. Eigentlich gilt er ja als dessen Totengräber, weil er die Sex Pistols aus dem, was man in alter Sixties-Verblendung für ihre naive Aggressivität hielt, herausholte und sie vermarktete, in einem letzten Aufbäumen von Camp gegen die Gründelei des Cool. Zusammen mit seiner damaligen Lebensgefährtin Vivienne Westwood zog McLaren Punk auch gleich noch an. Er kleidete ihn ein, indem nun die Option möglich war, alles mit allem zu kombinieren. Und die Hässlichkeit, die womöglich dabei herauskam, war, anders als bei den Hippies, jedenfalls gewollt. „World’s End“ heißt Westwoods Boutique bis heute, eine große Uhr markiert die Fassade, und ihre Zeiger drehen sich rasend schnell, um sich selbst und dem Finale entgegen. No Future immer noch, doch der Laden ist schlicht nach der Gegend benannt, „World’s End“ war hier, am stadtauswärtigen Ende der King’s Road, immer schon gelegen. Zu glücklichen Momenten in der Kulturgeschichte gehört die Unschuld des ästhetischen Treibens. Das Swinging London der Roaring Sixties war so ein glücklicher Moment, und was wir heute, dank Punk und Postmoderne, verinnerlicht haben, lag damals außerhalb der Problematik. Dass jede Transgression, jeder Tabubruch und jede Progressivität zunächst einmal nichts anderes als interessant sind, weiß man seit der Romantik. Dass aber Interessantheit die beste Voraussetzung für ein Geschäft ist, lässt sich erst mit den Siebzigern erfahren. Es gibt eine Ökonomie der Aufmerksamkeit, und wer sie für sich verbucht, macht gutes Geld. Das war Malcolm McLarens Geschäftsgrundlage. Er hat gutes Geld damit verdient.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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