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Langweilige Geschichten über den Alltag: Anregend gepflegte Langeweile

Ganz viel früher waren die Musikvideos denkbar simpel: Es gab die Band, ein paar Schnitte, Schwenks, Nahaufnahmen von saitenzupfenden Händen - das wars. Heute ist das nur schwer vorstellbar: Es wäre einfach zu langweilig. Die Medienrealität ist eine Realität der Sensationen. Von dieser Überlegung gehen die Kuratorinnen der im Rahmen von "SOHO in Ottakring" stattfindenden Ausstellung "Langweilige Geschichten über den Alltag" aus. Ihre Annäherung an das Alltägliche und scheinbar Nebensächliche unter verschiedenen Aspekten zeigt sehr bald, dass eben darin oft das Wesentliche verborgen ist. Martin Arnolds "passage à lacte" etwa zeigt durch die geloopte Wiederholung winziger Sequenzen in einer scheinbar banalen Frühstücksszene aus einem alten Hollywoodfilm die subtilen Aggressionen familiärer Beziehungen auf: Die zuschlagende Tür und die elterlichen Befehle ergeben ein Stakkato, aus dem kein Entkommen möglich ist. Private Urlaubsvideos, die ja nicht gerade den Ruf des Aufregenden haben, überlagert Lisl Ponger in ihrem Film "Passage" mit Erzählungen von Menschen, die flüchten mussten und macht sie damit zu einem beeindruckenden Dokument kolonialistischer und klischeehafter Vorstellungen. Wie bei den meisten SOHO-Projekten wurden auch hier die "nebensächlichen" Räume als Ausstellungsfläche genutzt; mehr noch: Ihre Funktionen geben teilweise die thematische Struktur vor. So wurde die Intimität des Badezimmers mit dem Motiv des Allein-Seins in Verbindung gebracht, und im Büro nebenan geht es in einem Video von Gustav Deutsch und einer Fotoserie von Sigrid Kurz um Arbeitsalltag - site specifity, witzig in Szene gesetzt. In der knallroten "Info-Lounge" kann man in prall gefüllten Ordnern Texte zur medialen Repräsentation von MigrantInnen lesen - ein konkreter Bezug auf den multikulturellen Bezirk Ottakring, ebenso die Interventionen in der Ausstellung von Mitgliedern eines ortsansässigen Jugendprojektes. Trotz dieser manchmal etwas konstruiert wirkenden Ortsbezüge ist hier eine anregende Ausstellung gelungen, fern jeder Langeweile. www.schnitt.org www.sohoinottakring.at
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Langweilige Geschichten über den Alltag
25.05 - 08.06.2002

Klaus Engelhorn Depot
1160 Wien, Abelegasse 10
Tel: +43 1 512 79 40, Fax: +43 1 512 79 40 11
Email: OFFICE@KLAUSENGELHORN.COM
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