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Holzbauer, Kurrent, Spalt - x projekte der arbeitsgruppe 4: Volle Drei Viertel

Drei sinnierende junge Männer im dunklen Rollkragenpulli, Sakko und weißem Arbeitsmantel, an der Wand eine Perspektive, rechts das Atelierfenster: Wilhelm Holzbauer, Johannes Spalt und Friedrich Kurrent zu Beginn der 50er Jahre. Drei Schüler von Clemens Holzmeister, die das Architekturstudium hinter und die Karriere vor sich hatten. Mit ihrem Kollegen Otto Leitner gründeten sie die „arbeitsgruppe 4“, um zu bauen und so die Welt zu verändern. 1953 trennten sich ihre Wege, was Lülja Praun zum Spitznamen „¾ tler“ inspirierte. Er findet sich auch im „Cafe ¾ Espresso“, das sie für ihren Stammwirten neu gestalteten. Wie diese und andere Episoden jedem der weißhaarigen Professores, die sie heute sind, in lebhafter Erinnerung blieb, ist auf drei Videos in der Schau „x projekte der arbeitsgruppe 4“ im Architekturzentrum Wien nachzuhören. An der Stirnwand und in den Fenstern der Halle hängen Franz Hubmanns Fotos aus ihrer Jugendzeit, deren Atmosphäre bis in den Hof hinauswirkt. 1952 wurde das Atelier in der Fuhrmanngasse 4 bezogen, wo sich die künstlerisch-intellektuelle Elite die Türklinke in die Hand gab und die legendären Lesungen der „Wiener Gruppe“ stattfanden. Hier wurden Ideen geboren, Texte geschrieben, Projekte entworfen, heftig diskutiert und exzessiv gefeiert. Sonja Pisarik und Ute Waditschatka kuratierten die Schau, die von polar÷ (Siegfried Loos, Margot Fürtsch) wie ein Atelier gestaltet wurde: auf einem 25 Meter langen, 8 Meter breiten Tisch aus Spanplatten kann man sich in Fotos, Pläne, Texte und Modelle vertiefen und so zwanzig produktive Jahre der „arbeitsgruppe 4“ Revue passieren lassen. Eine Bereicherung. Hinter dem pragmatischen Label steckten Ansätze und Konzepte, die ihrer Zeit weit voraus waren und daher nur zu einem Bruchteil realisiert wurden. Die „arbeitsgruppe 4“ leistete in jeder Hinsicht kulturgeschichtliche Basisarbeit. Sie entwickelte das wegweisende Konzept der Wohnraumschulen, die eine neue Typologie begründeten und wagte den Brückenschlag zwischen Vergangenheit und Avantgarde. Ihre Ausstellungen thematisierten die klassische Moderne ebenso wie die Bauten von Konrad Wachsmann. Seine Seminare an der Salzburger Sommerakademie gaben auch den ¾ tlern maßgebliche Impulse, wie sich an den beiden Entwürfen für die Kirche in Schellenberg deutlich ablesen lässt. Schon ihr Erstling war ein Meilenstein: 1953 gab Clemens Holzmeister einen kleinen Auftrag weiter. Die Pfarre Salzburg Parsch wollte einem Bauernhof eine Kapelle einrichten. Die ¾ tler aber entwarfen gleich eine ganze Kirche, die so überzeugend konzipiert war, dass sie auch gebaut wurde. Ihr freistehender Altar nimmt das zweite Vatikanum vorweg, architektonisch geht der neue Zubau mit dem Bestand eine geglückte Symbiose ein und entfaltet eine liturgisch sinnstiftende Dramaturgie. Effektvoll fällt das Licht durch den hohen Dachstuhl auf den Altar und bildet so einen Kontrast zu den niederen, alten Gewölben, wo das Volk Gottes sitzt. Die Kirche Parsch ist ein Gesamtkunstwerk, an dem auch Josef Mikl, Oskar Kokoschka und Fritz Wotruba mitwirkten. Weitere Meilensteine – wie die mit Johann Georg Gsteu geplante Kirche in Steyr-Ennsleiten mit den typischen x-Stützen – folgten.
Mehr Texte von Isabella Marboe

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Holzbauer, Kurrent, Spalt - x projekte der arbeitsgruppe 4
04.03 - 31.05.2010

Architekturzentrum Wien
1070 Wien, Museumsquartier, Museumsplatz 1
Tel: +43 1 522 31 15, Fax: +43 1 522 31 17
Email: office@azw.at
http://www.azw.at
Öffnungszeiten: tägl. 10-19h


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