Werbung
,

Werner Reiterer - Death in a Solution of Life: Irritation im Affekt

Wie schnell ausgewachsene Personen wieder zu Kindern mutieren, demonstriert derzeit Werner Reiterers Einzelausstellung in der Galerie Krinzinger. Zumindest am Abend des Previews wurden die Gäste dauerhaft mit zweierlei Geräuschen beschallt. Das eine gehörte zu einem Gong, den man mittels Betätigung eines Pedals erklingen lassen kann und der unter einem großen weißen Sockel verborgen ist. Das andere zu einem Sandsack, der sich als Bombe verkleidet hat. Boxt man dagegen, ertönt Krachen und Klirren. „Death in a Solution of Life“ nennt Reiterer seine Schau, und, wie so oft bei seinen Arbeiten, erscheint vieles auf den ersten Blick lustig, bleibt einem aber bei näherer Betrachtung das Lachen im Hals stecken. In einem Eck sitzt eine Figur, Sack über den Kopf; kommt man näher, so beginnt sie plötzlich zu atmen – beklemmend. Man muss nicht unbedingt das Höhlengleichnis bemühen, wie es der Begleittext der Galerie Krinzinger tut, um das Ding als unbehaglich und solipsistisch zu empfinden. Die Ausstellung ist eine merkwürdige Mischung aus lapidarem, auch formalen Witz – und einfachen Lösungen, die manchmal auch etwas simpel geraten können. So etwa die Arbeit „My Predicted Lifetime“, eine Digitalanzeige, auf der die statistisch berechnete Lebenserwartung Reiterers heruntergezählt wird. Etwas vielschichtiger ist der Sockel, dem Reiterer eine unverkennbar an Adolf Hitler erinnernde Haartracht aufgesetzt hat, Anspielung auf Mahnmalkultur und auf den veränderten Umgang mit dem Diktator. Die Qualität von Reiterers Arbeiten besteht jedoch nicht in der Transformation existenzialistischer Überlegungen in Kunst, sondern in der Art, ihr Publikum direkt, auch körperlich, anzusprechen: Nur schwer kann man sich etwa gegen das laute und seltsam unregelmäßige Ticken der großen Uhr wehren, das kaum merkbar langsamer und wieder schneller wird. Dass Zeitempfinden subjektiv ist, wussten wir zwar vorher auch schon. Das Irritationspotenzial dieser Tatsache führt Reiterer jedoch mustergültig vor.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Werner Reiterer - Death in a Solution of Life
11.12.2009 - 20.02.2010

Galerie Krinzinger
1010 Wien, Seilerstätte 16
Tel: +43 1 513 30 06, Fax: +43 1 513 30 06 33
Email: krinzinger@galerie-krinzinger.at
http://www.galerie-krinzinger.at
Öffnungszeiten: Di-Fr 12-18, Sa 11-14 h


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: