Jens Kastner,
ZwischenZonen - La Coleccion Jumex, Mexiko: Allgemeinplätze und Zwischenräume
Ausstellungen großer Sammlungen zeitgenössischer Kunst sind immer auch Teil der visuellen Konstruktion von Bedeutungen. In ihnen wird Wertevermittlung betrieben und damit auch in Kämpfe um gesellschaftliche Hegemonie eingegriffen. Diese These vertritt bereits 1990 der argentinisch-mexikanische Kulturtheoretiker Néstor García Canclini in seinem Buch „Culturas Hibridas“ (Hybride Kulturen). In dieser Untersuchung zu den Spezifika der kulturellen Moderne in Mexiko widmet sich García Canclini in besonderer Weise den effektvollen aber auch gescheiterten Versuchen von Künstlerinnen und Künstlern, Auswege aus jener Moderne, ihrem kolonialen Erbe wie auch der zunehmenden Kapitalisierung, zu finden.
Im Katalog zur Ausstellung „Zwischenzonen“, die Werke aus der Sammlung des großen Saft-Herstellers JUMEX im Wiener MUMOK präsentiert, findet sich ein ausführliches Interview des bedeutenden, aber im deutschsprachigen Raum wenig rezipierten Theoretikers. Kulturelle Zwischenräume werden darin nicht nur als Orte des Austausches, sondern auch als solche des potenziellen Widerstands interpretiert.
Wo es ein Dazwischen gibt, müssen allerdings auch die dichotomen Pole relativ intakt sein. Demgegenüber scheint die Ausstellung aber eher vom Aufweichen der Gegensätze und dem Zusammenschmelzen von Zentrum und Peripherie, Oben und Unten und dem, wie es im Ausstellungstext heißt, „Verblassen linker und rechter Ideologien“ zu handeln. Dass letztere Behauptung selbst eine Ideologie ist, mit der auch die Kunst den Durchmarsch des Neoliberalismus orchestriert hatte, dafür hat Francis Alÿs eine schöne Metapher entworfen: In seiner Videoinstallation spielt eine mexikanische Musikkapelle patriotische Lieder, während auf einer anderen Leinwand dazu die „Reise nach Jerusalem“ gespielt wird. Einige fallen eben raus. Und gute Plätze erfordern gute Ausgangspositionen ebenso wie schnelle Reaktionsfähigkeiten. Marcela Astorga erinnert mit ihrer „masochistscher Grill“ genannten Bodenskulptur, in deren Gestell ein Wust von ledernen Militärgürteln geflochten ist, an die gewaltsame und ins Privateste reichende Durchsetzung jenes Wirtschafts- und Sozialmodells in den Miltitärdiktaturen der 1970er und 1980er Jahre.
So wie einzelne Arbeiten der keineswegs nur aus Lateinamerika stammenden Künstlerinnen und Künstler durchaus überzeugen, so bemüht wirkt zuweilen die Zuordnung zu den etwas allgemein geratenen Rubriken wie „Identität und Gesellschaft“ oder „Politik und Ökonomie“. Die JUMEX-Sammlung ist eher ein Sammelsurium verschiedener Kommentare zu Großproblemlagen der Gegenwart wie Migration oder Globalisierung. Besonders risikoreich oder gewagt ist der Einsatz in hegemoniale Kämpfe im Sinne García Canclinis damit jedenfalls nicht.
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ZwischenZonen - La Coleccion Jumex, Mexiko
16.10.2009 - 07.03.2010
mumok - Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien
1070 Wien, Museumsquartier, Museumsplatz 1
Tel: +43 1 52 500, Fax: +43 1 52 500 13 00
Email: info@mumok.at
http://www.mumok.at
Öffnungszeiten: Täglich: 10.00–18.00 Uhr, Do: 10.00–21.00 Uhr
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