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Gottesbeweis

Stell Dir vor, Du bist Gott. Seit langem bist Du davon überzeugt, und alle anderen sind es auch. Natürlich haben sie Schwierigkeiten, aber irgendwie brauchen sie es doch mit so etwas Numinosem und Grandiosem wie Dir. Ein Haus brennt, und darin sind ein Baby und die letzte verbliebene Gesamtausgabe von Shakespeare. Nur eines kann man retten, und was das dann wäre, das sind die Fragen, die sie sich stellen. Arme Menschlinge. Du selbst würdest es natürlich auf die Alternative überhaupt nicht ankommen lassen. Was sind schon ein paar Eiweißkombinationen und irgendwie zusammengesetzte Buchstaben im Fokus der Ewigkeit. Jedenfalls bemühten sie sich einmal nach Kräften, davon auszugehen, dass es Dich gibt. Anselm von Canterbury hat angefangen, seinen Grips anzustrengen und nicht weniger zu versuchen als Dich zu beweisen. Pascal ist Dir da aber lieber, der hat, ganz kapitalistisch, gefragt, was es bringt, an Dich zu glauben, und ist auf die Glückseligkeit gestoßen. Und zwar für immer. Wenn man hingegen nicht an Dich glaubt, hat man bestenfalls ein paar ungestörte Jahre. Nicht schlecht, Pascals Überlegung. Da würdest Du glatt selbst von Deiner Existenz ausgehen. Nun hat Dich in Wien ein ganz besonderer Deiner Jünger, wie soll man sagen, ins Gebet genommen. Bruder Klaus Albrecht. Hereingeregnet hat es bei ihm, ich glaube, es war ein Dachschaden, die Klause von Klaus war undicht, doch es ist nichts passiert. Das harte Brot seines beschiedenen Daseins ist nicht feucht geworden, und das härene Lager, auf das er sich täglich im Kampf um die Demut bettet, setzt keinen Schimmel an. Halleluja. Nun weiß auch Bruder Klaus um die spezielle Bestimmung, die ihn umwölkt. Gottesbeweis, hat er gesagt, und ja, beim Barte des Propheten, das muss es sein. Gottesbeweis. Nicht Gottesurteil wie bei den Hexen, denen man es auch feucht gemacht hat, damals unter Wasser, und wenn sie wieder auftauchten, schienen sie bei aller Zauberei keine zu sein. Nein, Gottesbeweis. Ein moderner Gottesbeweis, sagt Schröder. Die Modernen magst Du ja nicht so. Wieso lässt Du das Böse zu, das haben die Modernen gefragt, und als sie in ihrer Einfalt keine rechte Antwort fanden, haben sie irgendwann Schluss gemacht mit Dir. Doch nun gibt es dank Schröder wieder das Gute. Das Gute in Gestalt des Hasen, der sein weiches warmes flauschiges Fell behalten hat und unverdrossen prangt in trockenen Tüchern. Gott ist nicht das Ganze, sondern das Gute. Du hast es immer gewusst. Nun seid Ihr also schon zwei. Doch womöglich hast Du solche Jünger überhaupt nicht nötig.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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