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Marcin Maciejowski: Ironie, Verehrung, Zärtlichkeit

Geschichten über Malerei können wohl nie wahrer sein als gemalte Bilder. So darf man sich besonders freuen, wenn ein Maler genau diese Geschichten als Sujets benützt. Für seine dritte Einzelausstellung bei Meyer Kainer hat Marcin Maciejowski unter anderem Elemente aus Pop-Art und Comic mit eigenwilliger und dennoch fotografieorientierter Prima-tempera-Malerei gemixt. „This realism as trivial“ (Öl auf Leinwand, 150x150, 2009) zeigt beispielsweise eine aufmerksame Gruppe vor Caravaggios Rosenkranzmadonna, mit Führung durch eine Dame, die kompetent-kernig mit großer Geste über das Bild im Bild referiert. Die Sprechblase gibt auf Englisch Aufschluß über Realismus, Trivialität, Kritik und Abstammung. Der arrogante Gesichtsausdruck der Madonna bei Caravaggio ist in der Schrägsicht bei Maciejowski angenehm unterblieben, sie guckt gar nicht, auch die Dame mit Sprechblase guckt nicht, das Persönliche reduziert sich auf die allgemeine Physiognomie. Auf Details in den Gesichtern der Leute verzichtet der Maler häufig. Man könnte folgern, er hätte was gegen Portraits, aber das stimmt nicht. Oben im Boltensternraum hängen sechs Portraits von drei Komponisten in schmelzenden Schwarzweißgrautönen. Wer nah hingeht und die Pinselführung beobachtet, sieht Bewegungen, die in ihrer Lust und Geschmeidigkeit die Kurvenführung der meisten Topmodelkörper übertreffen. Gegenüber den würdig und um die Musik verdient gewordenen Herren allerdings sind die 9 Damen, die in schönen Kleidern hübsch posieren, völlig gesichtslos. Eingeklammerte Initialen der Titelgebung verweisen darauf, daß der Künstler weiß, um wen es sich bei den Damen gehandelt hat, aber für seine Darstellung die Kleider, ihr Schimmern, den Faltenwurf und die Formgebung des darunterliegenden Körpers das Wesentliche fand. Und die minimalistisch ausgeklügelte Malerei, die dieser stofflichen Faszination Ausdruck verleiht, ist so souverän und genußvoll ausgeführt, daß man sich fast so fühlen kann, als könne man schon durchs Anschauen das Kleid auf der eigenen Haut spüren - Damenfeindlichkeit war definitiv nicht am Werk. Eher erkennt man in allen gut drei Dutzend Werken eine Position behauptet und verwirklicht, wie sie das Bild “The phantasmagoric level of the picture“ (Öl auf Leinwand, 2009, 120x100) anzusprechen scheint: Eine junge Frau sinniert mit nachdenklichem Blick und Hand-aufs-Herz träumerisch über einem vor ihr aufgeschlagenen Katalog darüber, wie man die Füllhöhe der Traumhaftigkeit eines Bildes durchdringen könne („you seem to penetrate the phantasmagoric level..“ ).Im Englischen klingt der Text in der Sprechblase sehr cool, elegant und irgendwie logisch; die Übersetzung ins Deutsche ist zum Kopfkratzen. Vom unteren Bildrand, also der Betrachterposition, werden die Überlegungen bestätigt („just so“). Zärtlicher kann die Ironie der Verehrung kaum ins Bild gesetzt werden. Und diese Ironie betrifft wohl kaum allein eine Verehrung für schwerverständliche Dinge, die die anmutig rauchende Dame äußert oder ihre Körbchengröße – es ist sicher auch die Verehrung vor dem Bildermachen an sich, die für einen Maler wie Marcin Maciejoswski bestehende Notwendigkeit, Bilder zu malen, die gesehen werden sollen. Dürfen - just so.
Mehr Texte von Gesche Heumann

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Marcin Maciejowski
19.06 - 31.07.2009

Galerie Meyer Kainer
1010 Wien, Eschenbachgasse 9
Tel: +43 1 585 72 77, Fax: + 43 1 585727788
Email: contact@meyerkainer.com
http://www.meyerkainer.com
Öffnungszeiten: Di-Fr 11-18, Sa 11-15h


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