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Ferdinand Georg Waldmüller: Baden im Biedermeier

Das Œuvre von Ferdinand Georg Waldmüller hat in den vergangenen zwanzig Jahren eine Reihe von Rezeptionsstufen durchlaufen. Nach Jahrzehnten des Desinteresses machte eine erste große Schau im Bank Austria Kunstforum 1990 den Auftakt zu einer ausführlichen Wiederentdeckung des Biedermeier-Rebellen mit der Vorliebe für pausbäckige Kinder und Bauernidyllen. Gleich 1993, zum 200. Geburtstag, konnten die Salzburger und die Innsbrucker die detailreichen Kompositionen des Meisters aus der Wiener Vorstadt bewundern. Zum selben Anlass wurden auch im Wien Museum die hauseigenen Waldmüller-Bestände gefeiert sowie im Belvedere ein spezialisierter Blick auf die virtuos gemalten Stillleben geworfen. 1996 erschien der große Band von Rupert Feuchtmüller über Leben und Werk des Wiener Lokalmatadors des frühen Realismus und 1997 ein ganzes Sonderheft der (inzwischen leider eingestellten) Zeitschrift „Belvedere“ mit spezialisierten Aufsätzen zu Themen wie die zeitgenössische Waldmüller-Rezeption, die Interaktion von Malerei mit der Fotografie und Waldmüller in Russland, Paris oder London. Seither scheint es zu genügen, Waldmüller in Ausstellungstiteln (Waldmüller bis Schiele; Waldmüller bis Warhol) zu zitieren, um Besucher anzulocken. Wie viel mit dieser, die letzten zehn Jahre geübten, Praxis vergeben wurde, wird in einer aktuellen Ausstellung des Belvederes klar, in der mit 113 Katalognummern versucht wird, Waldmüllers minuziöses Œuvre nicht nur zitathaft darzustellen. Ausführlich lässt sich darin im Biedermeierrealismus baden, den Waldmüller so nachhaltig prägte. Es ist alles vorhanden, was nötig ist, um den Weg des Künstlers über seinen Aufstieg zum gefragten Porträtisten und die Entdeckung der realistischen Landschaft bis zum gescheiterten und geschassten Akademie-Revolutionär und schrulligen, verdrängten Außenseiter nachzuvollziehen: das bedeutsame frühe Porträt der Mutter des Hauptmanns von Stierle-Holzmeister (1817) mit der keiner Beschönigungsmaßnahme zum Opfer gefallenen Warze auf der Wange, die Baumporträts aus dem Wiener Prater im hellen Sonnenlicht (ab 1831), bekannte Kalendermotive wie „Die Klostersuppe“ (1858) oder „Die Veilchenpflücker“ (1858) sowie viele, viele weitere Porträts, Stillleben, Genreszenen und Landschaften. Und mehr als das: Denn obwohl auch mit dem Katalog zu dieser Ausstellung das Wissen über Waldmüller wieder erweitert wurde – oder vielleicht gerade deshalb –, kommt eine Ahnung auf, was für ein weites Feld für Fragen einer kreativen Kunstforschung mit Waldmüllers Werk auch in Zukunft zur Verfügung steht.
Mehr Texte von Andrea Winklbauer

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Ferdinand Georg Waldmüller
09.06 - 11.10.2009

Unteres Belvedere
1030 Wien, Rennweg 6
Tel: +43 1 795 57-200, Fax: +43 1 795 57-121
Email: info@belvedere.at
http://www.belvedere.at
Öffnungszeiten: Täglich 10 bis 18 Uhr, Mittwoch 10 bis 21 Uhr


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