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Performing the East: Kreisverkehr Ost

Irgendwann hatte er sich dann festgesetzt, eingelagert. Typischer Fall von Ohrwurm eben. „Winds of Change“ von den Scorpions, erwiesenermaßen einer der dummdreistesten Songs aller Zeiten, gleichzeitig aber die Hymne der Generation des Achsenjahres 1989, als die „Mauer“ bei ihrem Fall Sozialismus und Fatalismus des Ostens unter sich begrub. „Performing the East“ versucht an 26 Fallbeispielen eines der zentralen Genres mittel- und osteuropäischer Kunst, die Performance, seit den 70er Jahren historisch zu fassen und Aspekte einer nachgeborenen Generation dingfest zu machen, und zeigt ein- und nachdrücklich: Aufführungen der bildkünstlerischen Art und Weise und deren Praxis sind einfach nicht totzukriegen, auch wenn Neoliberalismus und Turbokapitalismus blitzkriegsartig nicht nur über die blitzlichtartig aufflackernden Ökonomien der MOE-Staaten gefegt sind. Ostalgie allerorten: Im Salzburger Kunstverein skizziert man das Phänomen des Perfomativen, und wie es sich – bis auf den heutigen Tag und gestützt durch fachspezifische Festivals – als Arbeitshypothese bei Künstlern des ehemaligen Ostblocks festgesetzt, eingelagert hat. Mangels Museen und Galerien als Handelsware mit ungewissem Ablaufdatum. Als „Versackgassung“ (Gert Jonke) der Kunst aus dem Osten? Wer schon vor der Zeit in den Westen „aufgemacht“ hatte, der konnte den Bonus eines Widerständlers gegen den Konformismus im Kommunismus allerorten, mit dem obligaten Schuss Schmerz, Wut und Trauer, und desto genussreicher einstreichen: Marina Abramovic dringt 1975 in „Tomas Lips (The Star)“ bis weit über selbst gezogene, blutbefleckte Grenzen vor. Körperkunst – mit bitterer, fast schon verbitterter Ernsthaftigkeit. Und der Künstler – eine außerirdische Lebens- und Leidensform (Pawel Althamer)? Wo vormals das Regime / Regiment des Körpers, und entsprechende Geschlechter und deren Rollen, da heute eine leidlich soft-süffisant dahinschleichende Form der gesellschaftlichen Institutionskritik. Am Konsumismus. Eigentlich. Ivan Moudov bringt für „9:43 Minutes Priority“ das Rotieren auf einem Kreisverkehr bei Salzburg zum erliegen, handelt sich eine Geldstrafe von 250 Euro und ein bisschen „Medienrummel“ ein – und den hochtourigen Hohn der lokalen Chat-Szene. Die Aktion als feinkörniger Sand im Getriebe des Betriebssystems Kunst? Hat das Kapital in der „Diktatur der Kunst“ (Jonathan Meese) doch gesiegt? Denn: „Die Felle sind verteilt aber der Traum geht weiter.“ (Peter Licht)
Mehr Texte von Stephan Maier †

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Performing the East
23.04 - 05.07.2009

Salzburger Kunstverein
5020 Salzburg, Hellbrunnerstrasse 3
Tel: +43 (0) 662/84 22 94-0, Fax: +43 (0) 662/84 07 62
Email: office@salzburger-kunstverein.at
http://www.salzburger-kunstverein.at
Öffnungszeiten: Di-So 12-19h


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