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Hand macht Hände: Von langer Hand

Der Verfasser dieser Zeilen hat Kunstgeschichte studiert. Neben den vielen Reisen und dem hohen Frauenanteil schätzte er an seinem Studium vor allem die vielfältigen Möglichkeiten, an Bildern herum zu deuteln und zu denken. Man konnte fernsehen, ins Kino gehen oder manchmal sogar ein Buch lesen: Bei gewissem Einsatz an denkerischem Elan ließ sich daraus eine Interpretation drechseln. Was er nicht so mochte an der Kunstgeschichte war jener Bereich positivistischen Arbeitens, der ihr von Anfang an die Raison dEtre verliehen hatte. Es war das Autoren ausfindig Machen und Künstlernamen Zuordnen, das auf Echtheit Überprüfen und Kompetenzen Ausloten. Es war jener Bereich, den man Händescheidung nennt. Ein Kommilitone hat seinerzeit über den Fresken von San Francesco in Assisi, die man gemeinhin Giotto zuschreibt, gegrübelt: Er forschte nicht weniger als siebzehn Meister, vulgo: Hände, ans Tageslicht. Unsereinem war und blieb das Erbsenzählerei. Seit heute mag der Verfasser dieser Zeilen das Händescheiden. Er war in der Galerie Lang und konnte dem Hausherrn über die Schulter blicken, wie er Hände schied. Der Galerist schied die Hände von Lois Weinberger, zwei wächserne, edelgliedrige, damenhafte Erscheinungen, und fügte sie unter einen Glassturz. Er schied die Hände von Rudolf Schwarzkogler und Günter Brus und hing sie nebeneinander an die Wand. Das kam dem Verfasser dieser Zeilen höchst souverän vor, denn er hätte die Blätter und die Künstlernamen exakt andersherum zugeordnet; aber Händescheiden war nie seine Stärke. Manfred Lang schied weiter, schied Gudrun Kampls Hände von jenen Martin Waldes oder Josef Kerns, so lange, bis eine höchste vergnügliche, unprätentiöse Ausstellung zu sehen war. "Hand macht Hände" ist die Präsentation betitelt. Hand ist einmal metaphorisch zu verstehen, als jenes Organ, mittels dessen sich bildende Künstler vornehmlich artikulieren. Und Hand ist ganz buchstäblich zu verstehen, als überbordend vorgeführtes anatomisches Requisit. Als jenes Requisit, das der Evolution des Menschen die wichtigsten Dienste geleistet hat. Der Galerist hat auch die wichtigsten Dienste geleistet. Ein warmer Händedruck ist ihm sicher.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Hand macht Hände
26.04 - 01.06.2002

Galerie Lang Wien
1010 Wien, Seilerstätte 16
Tel: +43 (0)676 3353 641
Email: glw@glw.at
http://www.galerielangwien.at
Öffnungszeiten: geschlossen


Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
hand macht hände
mmlang | 04.05.2002 12:20 | antworten
der lang bewundert wiederum das zuschreiben und grübeln und erbsenzählen, das ihm so gar nicht liegt. sicherheitshalber hat er mit flinker hand den brus und den schwarzkogler herumgeschieden sich aber dann doch wieder für die version der langen hand entschieden. jedenfalls wars den versuch wert. und warme händedrücke liebt der lang sowieso.

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