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Die Macht des Ornaments: Sprachen, die wir kaum verstehen

In der Tat, die Ausstellung war wegweisend, die Gegenüberstellungen erstaunlich und daß es eine These gab, hat einer Ausstellung noch nie geschadet. 2001 hatte Markus Brüderlin in der Fontation Beyeler mit „Ornament und Abstraktion“ eines der umfangreichsten wie nachhaltigsten Projekte des Hauses gestartet. Mit einer wissenschaftlichen Akribie, die ihresgleichen in Ausstellungen sucht, wurde damals der Frage nachgegangen, inwieweit das Ornamentale in der bildenden Kunst doch eine größere Rolle als bislang vermutet spielt und nicht nur als „Platzhalter für eine überlebte Tradition“ taugt. Im Jahr darauf sollte Okwui Enwezors documenta 11 eröffnet werden, interkultureller Dialog und das Bestreben, postkoloniale Kunst als Beiträge zur „Weltkunst“ zu begreifen ,waren zentrale Themen, und Brüderlin wollte mit seiner Ausstellung „zu dieser Debatte ein eigenes Modell des Dialoges der Kulturen vorstellen und dabei an das Ornamentale als eine mögliche Brücke des Verstehens erinnern“. Knapp ein Jahrzehnt danach ist nun Sabine B. Vogel für das Belvedere angetreten, die „Macht des Ornamentss“ in Zeiten der Globalisierung zu überprüfen. Auch sie nimmt das Bild der Brücke „zwischen den Zeiten, den Traditionen, den Kulturen“ auf. „Ornament heute ist“, so die These, „nicht mehr Dekor, sondern eine globale Sprache“. Hat das Ornament nun wirklich mit der Moderne den Schritt vom Beiwerk zum Werk geschafft und hat darüber hinaus kulturelle Grenzen überwunden, ist gar zum Esperanto der Bilder geworden? Und vor allem, was hat das mit den Helden des Wien um 1900, Klimt, Hoffmann und Czeschka zu tun, die in der Ausstellung etwas unvermittelt fehl am Platz wirken? Freilich haben Formen in den letzten Jahrhunderten -die Arabeske ist das beste Beispiel hierfür- den Weg in andere Kulturen gefunden. Doch der größte Teil der an sich interessanten Auswahl an zeitgenössischen Positionen zeigt, dass mit Ausnahme von Philip Taaffe, der Ornamente verschiedenster Herkunft zu visuellen Kakophoinien überlagert, die Künstler es vorziehen, ihre oft politischen Statements mit der Zeichentradition ihrer eigenen Kultur zu vermitteln. Dies gilt für Shirin Neshat ebenso wie für Maria Hahnenkamp, um nur zwei Beispiele zu nennen. „Ornamentik ist eine Sprache, die gelernt, gelesen und verstanden werden will“, vernehmen wir andernorts im Katalog zur Ausstellung, und man bekommt eine Ahnung davon, dass es dann so einfach nicht ist. „Auch Mona Hatoum war mit einem orientalischen Teppich auf der Frieze Art Fair vertreten“, liest man einige Seiten weiter. Aber das war vor der Krise, als man sich noch in Dollarpreisen unterhielt. Jetzt kann man getrost wieder etwas länger hinsehen, unterscheiden und sich Gedanken darüber machen, was es mit den fremden Zeichen so auf sich hat. Nun ist der Moment gekommen: Leute, Lernt Sprachen!
Mehr Texte von Daniela Gregori

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Die Macht des Ornaments
21.01 - 17.05.2009

Belvedere
1030 Wien, Prinz-Eugen-Strasse 27
Tel: +43 1 795 57-0, Fax: +43 1 795 57-121
Email: info@belvedere.at
http://www.belvedere.at
Öffnungszeiten: Täglich 10 bis 18 Uhr


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