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Western Motel - Edward Hopper und die zeitgenössische Kunst: Heimelig und unheimelig

Die Moderne hat einen Terror kennengelernt, der schlimmer ist als die Hölle, die das schrecklichste war, was es vorher gegeben hatte. Schlimmer als alles ist jetzt die Tatsache, dass nichts ist. Nichts, kleingeschrieben, und so bricht sich die „Maladie du siècle“ des 19. Jahrhunderts die Bahn. Schlimmer als die Hölle ist die Langeweile. In der Entdeckung des „Ennui“ fand die Ästhetik nunmehr ihre Zukunft. Hier hat die Simultanität von Heimelig und Unheimlich ihren genuinen Ort, ihr buchstäbliches Zuhause, denn gerade im eigenen Interieur tut sich der Abgrund auf. Das Unheimliche hat wieder Konjunktur. Anthony Vidler hat seine Architekturtheorie der Gegenwart „The Architectural Uncanny“ betitelt, und Mike Kelley ist seit einigen Jahren auf Tour mit einer Schau, die ebenso „The Uncanny“ nachspürt. In der Betonung, Beschwörung, Bemerkung des Unheimlichen ist auch die Ausstellung ganz bei sich, die gerade die Räume der Kunsthalle Wien füllt. „Western Motel“ heißt sie betont beiläufig, sie widmet sich Edward Hopper und seiner Bedeutung fürs Zeitgenössische. Die Krankheit des Jahrhunderts hält sie alle am Wickel. Sie hocken herum, Hoppers honorige Gestalten, warten auf bessere Zeiten, und durchs Fenster winkt schon die Gleichgültigkeit, die Einförmigkeit, die Uniformität eines Daseins ohne Sinn. Natürlich mag eine von Hoppers Villen aussehen wie das Hotel aus Hitchcocks „Psycho“. Der Thrill aber kommt daher, dass sich gerade nichts tut. Heute nicht und auch nicht, das zu zeigen ist das Privileg der Bilder, in alle Ewigkeit. Die Krankheit des Jahrhunderts diagnostizieren ihrerseits die Gegenwartspositionen, die um Hoppers Werke herum, zahlreich ausgeliehen aus den Vereinigten Staaten, Spalier stehen: Rachel Whiteread, die das berühmte Haus zeigt, das sie ausbetoniert und der Holzwände entkleidet hat; Jeff Wall, der sich per Schwarzweiß-Aufnahme im International Style einer Billigpension verliert; Ed Ruscha, der seit den Sechzigern die Tristesse von Parkplätzen und Tankstellen ins Pittoreske rückt; Jim Jarmusch, dessen Figuren in Perfektion vorführen, wie man auf das Glück wartet und dabei nichts tut als zu altern. Dutzende Bilder, denen der Ennui ins Gesicht geschrieben ist. All das passiert völlig unaufgeregt, ohne Prätention, kaugummikauend, übers Parkett schlürfend, nur so. Entsprechend hat man sich die Hölle vorzustellen: einfach cool.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Western Motel - Edward Hopper und die zeitgenössische Kunst
03.10.2008 - 15.02.2009

Kunsthalle Wien Museumsquartier
1070 Wien, Museumsplatz 1
Tel: +43 1 521 89-0
Email: office@kunsthallewien.at
http://www.kunsthallewien.at
Öffnungszeiten: Di-So 10-19, Do 11-21 h


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