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Christian Schad - Retrospektive: Sonja mit Ohr

Die Passion des Museumsdirektors Leopold für bislang verkannte Spät- und Frühwerke ist bekannt, und oft hätte es den Spät- und Frühwerken auch nicht geschadet, weiter in Depots zu schlummern. Mit der umfassenden Personale des als neusachlicher Portraitist bekannten Christian Schad sind allerdings Facetten eines künstlerischen Werks zu entdecken, die einen verdutzt zurücklassen. Stimmt: Seit jeher kannte man im Kunstkontext Schad nicht nur als Neusachlichen, sondern auch als Urheber der nach ihm benannten Schadografien, den Fotogrammen oder Rayografien Man Rays verwandt. Hier sehen wir aber auch den begnadeten Dadaisten und Freund Walter Serners (der vor Arp verblüffende Assemblagen produzierte), Kubofuturisten, Rayonnisten, Expressionisten und Veristen Schad, und man könnte nicht behaupten, dass das irgendwie epigonenhaft wäre, auch wenn seine Flirts mit der Malweise George Grosz’ oder Otto Dix’ in Ausnahmefällen schon sehr weit gehen. In den Dreißigern wurde Schads Stil weicher und altmeisterlicher, in der Nazizeit entstanden Covers mit Schauspielerinnen-Portraits für „Moderne Welt“ und „Die Dame“. Und dann das Spätwerk! Da machte man wieder Collagen, erstklassige, und dazwischen wurde in einer Art symbolistisch-phantastischem Surrealismus gemalt, gezeichnet und geschnitten, dass Cocteau, Picasso und Matisse ihre Freude – oder auch nicht – gehabt hätten. Dann gibt es natürlich jede Menge großartige Portraits der Zwanziger, Stars sind Maika und Sonja, „Edelkomparsin“ (danke allein für das Ausgraben dieser Berufsbezeichnung!) und Sekretärin, souverän in ihrem emanzipierten Großstadtpflanzen-Dasein, Sonja bekommt als intellektuellen Ritterschlag Ohr und Glatze Max Herrmann-Neißes in den Hintergrund, Maika eine Schad-Tätowierung in die Armbeuge. Kann man sich eine bessere Form der Unsterblichkeit wünschen?
Mehr Texte von Iris Meder †

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Christian Schad - Retrospektive
26.09.2008 - 06.01.2009

Leopold Museum
1070 Wien, Museumsquartier
Tel: +43 1 525 70-0, Fax: +43 1 525 70-1500
Email: leopoldmuseum@leopoldmuseum.org
http://www.leopoldmuseum.org
Öffnungszeiten: Mi-So 10-18 h


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