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Brilliantfeuerwerk: Fanal brachial

„Elf Unternehmen. Elf Sammlungen. Eine Ausstellung.“ Immer mit Punkt dazwischen, nicht mit Komma, denn das würde eine banale Aufzählung, aber auch nicht mit Rufezeichen, denn das wirkte protzig, so liest sich die Leistung der Schau. Von Siemens über Münchner Rück bis Burda leistet man sich in München Kunstsammlungen, und die wollen jetzt zur 850-Jahr-Feier von Isar-Athen gesehen werden. Was in obiger Liste fehlt: Ein Kurator. Udo Kittelmann. Diesem, designierter Generaldirektor in Spree-Athen, hat es gefallen, nach so etwas wie Herzenslust in den firmeneigenen Beständen zu kramen und das offenbar Menschenmögliche herauszuholen. Das Haus der Kunst konnte der beflissenen Präsentation dann nur den Korridor hinten links Richtung Besenkammer zur Verfügung stellen, aber dafür zieht sich ein roter Teppich durchs Terrain. Kittelmann hat also kuratiert. Der erste Raum ist das Turmzimmer, hier hängt und steht Flachware und Skulpturales nach Maßgabe dessen, dass ein Hochbau das Motiv abgibt. Es folgen eine Fotoarbeit von John Baldessari und eine Lichtarbeit eines jungen Münchners namens Lorenz Straßl, und bei beiden gibt es einen blauen Punkt zu sehen. Ein Wimmelbild von Gursky und eine Ansammlung von Covers der „Bunten“ aus dem Hause Warhol fügen sich zusammen, und so geht es weiter, bis ganz zum Schluss ein Flugobjekt von Panamarenko unterm Plafond prangt. An der Wand dazu: ein Wolkenpanorama. Zu jeder Abteilung hat es dem Haupt-Kurator gefallen, Sprüche von Karl Valentin hinzuzufügen, der darob explizit als „Co-Kurator“ firmiert. Was ist dazu zu sagen? Kittelmann darf sich jetzt eine Ausstellung anlasten, die in ihrer Brachialität und ihrem zwanghaften Komischtun die Voraussetzung jeder zeitgemäßen Qualität missachtet. Die Ausstellung lässt es völlig an der mehrfachen Lesbarkeit mangeln, an jener von Charles Jencks als genuin postmodern herausgestellten Doppelkodierung, die es ermöglicht, dass für jeden etwas dabei ist. In dieser Ausstellung ist für jemanden, der von der Kunst kommt, nichts dabei. Das Gefühl der Peinlichkeit war bei allen zu spüren, die der Eröffnung beiwohnten und nicht unternehmenskonforme und bajuwaritätsbeflissene Begeisterung für Kollektion und Co-Kurator an den Tag legen mussten. Wer indes die Eröffnungsreden gehört hat und mitbekam, wie sich Münchens Kulturreferent an Valentin, der Präsident des Goethe-Instituts an Thomas Mann und Hubert Burda an Wolfgang Ullrich abarbeiteten, um sie völlig ungeniert völlig falsch zu zitieren, weiß, an wen sich die Veranstaltung richtet. Was hätte er tun sollen in dieser Konstellation, der Kittelmann? Vielleicht absagen.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Brilliantfeuerwerk
11.09.2008 - 11.01.2009

Haus der Kunst München
80538 München, Prinzregentenstrasse 1
Tel: +49 (0)89 21127-113, Fax: +49 (0)89 21127-157
Email: mail@hausderkunst.de
http://www.hausderkunst.de/
Öffnungszeiten: Mo – So 10.00 – 20.00, Do 10.00 – 22.00


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