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Eine kurze Geschichte der bildenden Kunst

In Deutschland verkaufen sie momentan die erfolgreichste wissenschaftliche Publikation seit Menschengedenken. Heinz Schlaffer bringt in seiner \"Kurzen Geschichte der deutschen Literatur\" die Entwicklung auf die griffige Formel, dass die Schriftstellerei deutscher Zunge nur zwischen Klopstock und Kafka wirklich bedeutend gewesen ist. Danach gab es ein paar Einzelgänger, sagt der Stuttgarter Germanist, und seit einigen Jahrzehnten gibt es überhaupt nichts mehr. Da nichts erfolgreicher ist als der Erfolg wollen wir Schlaffers Chartbreaker zum Anlass nehmen und fragen, was sich in unserem Fach, der bildenden Kunst, diesbezüglich getan hat. Stellen wir zunächst fest, dass sich Schlaffers Kronzeugen Klopstock und Kafka und mit ihnen die Zeit um 1770 und um 1920 gut und gern übernehmen lassen. Ex negativo: Um 1770 gab es in dem Sinn, was unsereins unter Kunst versteht, so viel wie überhaupt nichts. Da hatten die Protestanten das kulturelle Geschehen fest im Griff, und die Bilder erschöpften sich mehr oder weniger in ihrem Verbot: Etwas leerer Antikenkult und viel Porträt; schließlich war der Bürger gerade etwas geworden. Für die Jahre um 1920 müssen wir demgegenüber die womöglich ungewöhnliche, aber gut abgehangene Feststellung treffen, hier den absoluten Tiefpunkt aller Bildproduktion seit Beginn der Menschheitserinnerung vorzufinden. Seinerzeit begann der Expressionismus mit seinem Unwesen, und die Künstler ließen sich samt und sonders auf jenes totalitäre Gehabe zutreiben, das ihnen die Staaten bald aus den Händen nehmen werden. Selbst Picasso, sonst so etwas wie eine Lichtgestalt, schwadronierte in dieser Phase davon, Kunst, die nicht der seinen entsprach, expressis verbis zu \"vernichten\". Die Jahre, die von den beiden Weltkriegen eingerahmt werden, waren die schlimmsten in der politischen Historie; sie waren entsprechend die schlechtesten in der Kunstgeschichte. Seither, so lässt sich Schlaffers Chronographie abermals ins Gegenteil verkehren, geht es wieder aufwärts. Die Zeit der Ismen ist vorbei, und wir leben, wie es bei Alan Sondheim heißt, mit der \"Post-Movement Art\". Die Kunstwelt ist in Zirkel abgesteckt, und man hütet sich auf das Freundlichste, das, was man selbst macht, für verbindlich zu halten. Die Zeit der Entwürfe ist vorbei. Die kurzen Geschichten der bildenden Kunst schreiben sich in der Gegenwart als Monographien.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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