Manisha Jothady,
Christoph Schlingensief: Jesus hängt am Tropf
"Angst ist Macht! Angst ist unser Sprengstoff! Kein Anführer, kein Gott wird euch leiten," lautet das Credo der „Church of Fear“. 2003 anlässlich der 50. Biennale Venedig von Christoph Schlingensief ins Leben gerufen, sollen ihr mittlerweile 100 Basisgemeinden angehören. Mit dem Projekt gab der Aktionskünstler und Regisseur sein Debüt im Kunstbetrieb. Das Kirchlein im karibischen Baustil kann nun en miniature bestaunt und für 10.000 Euro erworben werden. Der Anarcho zeigt sich in seiner Wiener Präsentation ungewohnt marktkompatibel. Zumindest eingangs wirkt die Schau recht poliert, gemessen an vorangegangenen Arbeiten des Künstlers, an denen vor allem die überbordenden Materialballungen faszinierten. Einzig die Installation „Little Shrine“ entspricht dem ein wenig: Auf einem sperrig zusammen gezimmerten Altar laufen Videos, welche die letzten Stunden von Lady Di und Dodi Al Fayed als aktionistisches Gelage nachstellen.
Vor allem zeigt Schlingensief hier Fotografien, die vor dem Hintergrund früherer Projekte entstanden. So etwa die Fotoserie „Horrorhaus Holmur“, das Haus der „unverwaltbaren Obsessionen“ auf Island, wo der berühmte „Animatograph“ erstmals zum Einsatz kam. Die mit Behinderten nachgestellte Passion Christi dagegen entstand auf der Basis der Bonner Oper „Freaks“. Großformatig und in Leuchtkästen präsentiert, wirken diese Bilder zunächst plakativ und zynisch. Jesus hängt am Kreuz und am Tropf, umringt von Liliputanern. Schlingensiefs Antwort hierzu würde wohl lauten, dass political correctnes ohnehin reine Heuchelei sei.
Das Kernstück der Ausstellung bildet das Arrangement „Der König wohnt in mir“, das im Vorfeld zur Jean d’Arc Inszenierung an der Deutschen Oper Berlin entstand. Filmmaterial, das in Nepal gedreht wurde, flimmert in sechs offenen Kaminen, über denen Fotos in Leuchtkästen hängen. Aufnahmen von der Ausweidung eines geschlachteten Tieres, einer hinduistische Totenverbrennung, einem schlafenden Bettelmönch, einem alten Nepalesen, der in die Kamera winkt und lächelt, Ansichten eines Operationszimmers und von Schlingensief selbst im weißem Kolonialherrenanzug inmitten nepalesischer Ziegelfabrikarbeiter bilden das Bilderkonvolut der Installation. Die Themen Religion und Ritual, Ausbeutung, Krankheit und Tod dominieren. Trotz der heimeligen Kamine, bleibt die Arbeit von Christoph Schlingensief somit offensichtlich das, was sie stets war: ungemütlich.
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Christoph Schlingensief
30.05 - 13.09.2008
Charim Galerie
1010 Wien, Dorotheergasse 12
Tel: +43 1 512 09 15, Fax: +43 1 512 09 15 50
Email: info@charimgalerie.at
http://www.charimgalerie.at
Öffnungszeiten: Di-Fr: 11-18h
Sa: 11-14h
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