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Finanzkrise

Im Februar 1797 kam es für die Finanzwirtschaft zu zwei folgenschweren Entscheidungen. Der französische Staat musste eingestehen, dass seine Assignaten-Politik gescheitert war. Assignaten, das ist jene Vorform von Papiergeld, mit der die Revolutionsregierung ihren Gläubigern versicherte, man werde alles zurückzahlen, wenn man nur alle Klöster und Palais enteignet hätte; ab 1789 ausgegeben, hatten die Assignaten acht Jahre später gerade noch ein halbes Prozent ihres alten Wertes. Die Republik war pleite. Die Bank of England machte in diesem Monat das gerade Gegenteil. Sie erklärte sich für unzuständig, fortan Papier- in Münzgeld umzutauschen. Das Äquivalenzprinzip, nach dem die Scheine Gutscheine wären, die für etwas real Existierendes stünden, das nur andernorts eingelagert sei, war perdu. An seine Stelle trat die Stellvertreterschaft. Geld steht seither für eine Art Vertrauen, für Optimismus und sogar Solidarität. Geld ist, wie Joseph Vogl, der dem Sachverhalt einen wunderbaren Aufsatz gewidmet hat, es nennt, vor allem das „Versprechen auf Geld“. Nicht umsonst klingt das wie Stendhals „Versprechen auf Glück“. Es funktioniert in der Tat wie Kunst: Ohne Symbolik geht überhaupt nichts. Das Verspechen hatten auch die kleinen Immobiliensammler im Herzen, als sie begannen, Amerika mit ihren Häuschen zu möblieren. Leider hat sich herausgestellt, dass es mit dem „Promised Land“ doch nicht so weit her ist, und die Banker werden weltweit mehr als eine Billion versemmelt haben, bis es auch ihnen klar werden konnte. Die Ökonomie gilt ja heutzutage als so etwas wie die Leitwissenschaft, ihre Vertreter halten sich für die Speerspitze der Rationalität. Wie sich so etwas darstellt, wird soeben augenfällig. Man sollte die Hypotheken in öffentliche Obhut übergeben, hat gerade ein Finanzvordenker vorgeschlagen. Das ist es, was ihnen dann dazu einfällt: Die Gewinne privatisieren, die Verluste verstaatlichen. Dafür muss man buchstäblich studiert haben. Interessant ist, dass sich Kunst und Geld offenbar auseinander dividiert haben. Was nämlich im Finanzwesen passiert, hat mit Symbolik nichts mehr zu tun; das ist nur noch imaginär, pures Phantasma, schlechterdings Einbildung und die mittlerweile die ganze Welt umgreifende Obsession von Leuten, die an einer Provinzuni ausgebildet wurden, aber sich für Harvard-Absolventen halten und die Gelder, die ihnen nicht gehören, deswegen in Amerika zirkulieren lassen. Kunst hat allemal mehr Rationalität. Leute, kauft Bilder statt Häuser!
Mehr Texte von Rainer Metzger

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