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Margherita Spiluttini / Nach der Natur / Konstruktionen der Landschaft / Fotografien: Der Blick durch die Windschutzscheibe

Das Schönste am Gebirge sind die Haarnadelkurven. Dann kommen die Staumauern, dicht gefolgt von der Lawinenverbauung, und auch die Netze gegen den Steinschlag besitzen einen speziellen Schmelz. Weniger gefällig wirken die Gebläseschächte der Tunnels. Ganz zum Schluss kommt die Pipeline, denn sie versagt sich völlig jener Frühlingsstunde im Gelände, bei der sich Topografisches und Technisches so innig aneinanderschmiegen. Es ist eine eigene Ästhetik, die sich der Mensch für die Bergwelt ausgedacht hat, und Margherita Spiluttini, die auch Architektur mit einem höchst sensiblen Organ fürs Mimetische auszumessen vermag, hat sich ihr anverwandelt. Sie ist ins Gebirg gezogen, PKW- und Kamera-bewehrt und hat den Blick durch die Windschutzscheibe zum Fokus all der Perspektiven gemacht, die großformatig einen Status Quo Post festhalten. \"Nach der Natur. Konstruktionen der Landschaft\" heißt die Schau im Wiener Technischen Museum, in der sie Exemplarisches aus dem letzten Jahrzehnt vorführt. Der Titel ist, wie die Ausstellung, von perfekter Prägnanz. Was hier gezeigt wird, ist nicht der Natur gemäß, sondern folgt ihr in der Chronologie nach. Entsprechend ist es keine Kulturlandschaft, in der natürliche Gegebenheiten, etwa in Gestalt einer Burg, zur Kenntlichkeit gebracht werden, sondern es ist eine Konstruktion, die die Elemente kanalisiert und das Urwüchsige ins Gewinnbringende überführt. Spiluttinis Fotos haben einen Sinn für diese ökonomische Rationalität. Der Anblick solcher Szenerien, so schrieb Immanuel Kant ganz trefflich vor 200 Jahren, \"wird um desto anziehender, je furchtbarer er ist, wenn wir uns nur in Sicherheit befinden.\" Damals war das auf die Bilder bezogen, die man sich in aller Gemütsruhe vorführen ließ. Heute wissen wir derlei von den Situationen vor Ort selber. Solange nur genügend verbaut und betoniert und durchbohrt ist, darf man sich auch am Glockner und am Simplon in Sicherheit fühlen. Margherita Spiluttinis Fotos geben diesem Gefühl eine Gestalt. So steigt hinter den Felsen das Wohlbefinden auf.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Margherita Spiluttini / Nach der Natur / Konstruktionen der Landschaft / Fotografien
22.03 - 22.09.2002

Technisches Museum Wien
1140 Wien, Mariahilferstrasse 212
Tel: +43 (1) 89998-6000
Email: mbox@tmw.ac.at
http://www.tmw.ac.at
Öffnungszeiten: Mo - Sa 9.00-18.00 Uhr, Do 9.00-20.00 Uhr, Somm- und Feiertag 10.00-18.00 Uhr


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