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Susan Hiller - Outlaw Cowgirl and other Works: Aufs kollektive Unbewusste gezielt

Das Cowgirl im Sonntagsdress hält ihren Revolver in der rechten Hand. Der Lauf liegt in der linken und weist diagonal aus dem Schwarzweißbild hinaus. Vom Betrachterstandpunkt aus rechts unter der Fotografie hängt ein kleines Küchenregal, darauf aufgereiht sind vier kleine Porzellankühe. Eine davon allerdings besteht nur noch aus den Scherben ihrer selbst. Es ist diejenige, die, als wäre sie von einer Kugel erwischt worden, in direkter Verlängerung des Revolverlaufs stand. Die Abbildung einer wehrhaften Frau zerstört eine reale Kitschfigur – darin findet sich bereits ein zentraler Gegenstand von Hillers gesamter Arbeit, nämlich die doppelte Problematik der Repräsentation: die Verschränkung von Dar- und Vorstellung einerseits sowie die Ausschlüsse, die die Sichtbarkeit produziert, andererseits. Eine ganze Wand nimmt die Vitrine „From the Freud Museum“ (1991-1997) ein, in der die in London lebende Künstlerin Exponate, die wie ethnografische Fundstücke wirken, in Schachteln miteinander in Beziehung setzt. Einigung, Kanonisierung und Homogenisierung, die jedes Archiv hervorbringt, werden hier nicht nur analytisch in Frage gestellt, sondern auch durch sich aufdrängende, verschrobene Assoziationen irritiert. Das Unheimliche ist deshalb aber nicht unbedingt das Freud´sche Motiv, um das sich Hillers Arbeiten drehen – wie die von Mike Kelly im Wiener MUMOK 2004. Wenn es bei Hiller um die negative Bindung, die Faszination des Schreckens geht, dann weniger als psychischer denn als sozialer Prozess: „The J. Street Project“ (2002-2005) beispielsweise dokumentiert deutsche Straßenschilder der Gegenwart in Film-, Foto- und Buchform, auf denen das Wort Jude vorkommt – von der Jüdefelderstraße bis zum Judenfriedhof. Dass es diese Schilder gibt, bedeutet eben nicht, dass Freud Unrecht hatte als er darauf hinwies, dass das Peinliche bei jeder Erfindung der Traditionen einer Gesellschaft ausgemerzt werden müsse. Der auch auf der diesjährigen Berlin Biennale zu sehende Film „Last Silent Movie“ (2007) versammelt ausgestorbene oder vom aussterben bedrohte Sprachen. Dabei reflektiert der Film ohne Bild mittels seines Titels auch das Medium selbst. Die Kunst habe einen besonderen Zugang zum kollektiven Unbewussten, hat der Medientheoretiker Peter Weibel kürzlich behauptet. Die genannten Arbeiten Hillers scheinen dem Recht zu geben. Darauf zielt schon der Pistolenlauf.
Mehr Texte von Jens Kastner

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Susan Hiller - Outlaw Cowgirl and other Works
09.05 - 17.08.2008

BAWAG Foundation
1040 Wien, Foundationsquartier, Wiedner Hauptstraße 15
Tel: +43 1 504 98 80 38, Fax: +43 1 504 98 80 39
Email: foundation@bawagpsk.com
http://www.bawag-foundation.at
Öffnungszeiten: Di bis So, feiertags 11 bis 18, Do bis 20 Uhr


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