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Matrix. Geschlechter - Verhältnisse - Revisionen: Mehr oder weniger feministisch

Ein prächtiger Goldrahmen, mittendrin eine Fotocollage. Daraus blicken dem Betrachter fünf mächtige Herren entgegen, schwarze Persianermützen auf dem Kopf, dunkler Anzug, Krawattte, angeordnet in Reih und Glied. Es braucht nicht viel, um rauszufinden, dass es sich bei den Figuren, die sich voneinander nur durch die Haltung ihrer Hände unterschieden, jedesmal um dieselbe fünffach ins Bild montierte Person handelt. Und wer mit der Wiener Szene schon vor 17 Jahren vertraut war, kann die Person sogar als den Künstler, Friedrich Eckhardt, identifizieren. So wie Eckhardt, um den es mittlerweile still geworden ist, in dem Bild „Die Gilde“ (1991) würdevoll postiert, bildet er das ironische Empfangskomittee für einen nicht unspannenden thematischen Querschnitt durch vier Jahrzehnte Kunstgeschichte mit Fokus Wien & Umgebung sowie Genderthematik. Letztere war der Leitfaden, an den sich die Kuratorinnen Sabine Mostegl und Gudrun Ratzinger hielten, als sie den Fundus der Sammlung zeitgenössischer Kunst der Stadt Wien sichteten. Es spiegelt die Geschichte des Feminismus, dass in diesem Themenbereich die Künstlerinnen dominieren. Mit Arbeiten von Valie Export, Renate Bertlmann, Birgit Jürgenssen, Friedl Kubelka-Bondy über Jüngere wie Carola Dertnig, Ines Doujak, Maria Hahnenkamp, Ilse Haider bis hin zu Elke Krystufek, Michaela Pöschl, Katrina Daschner erhebt die Ausstellung, die von einer ambitionierten Publikation begleitet wird, beinahe kanonisierenden Anspruch. Es ist die ideologische Kehrseite dieser Auseinandersetzung auf dem Feld von Macht, Norm, Ideologie und Sexualität, dass die Anzahl entsprechender Beiträge männlicher Künstler recht überschaubar geblieben ist. Neben Eckhardt sticht in der Schau beispielsweise Matthias Herrmann mit einer Text-Bild-Serien, in der er heterosexuelle Normen ironisch aufs Korn nimmt („One of the things I always ask my students is how their heterosexuality influences their work“, 1997). Auf leisen Witz setzt Edgar Honetschläger, wenn er in der Schwarz-Weiß-Serie „Boden voller Sinn“ in Anspielung auf Valie Exports „Körperfigurationen“ im Umfeld urbaner Nischen den eigenen nackten Körper mit der Landschaft zu vermählen scheint. Wenig hat mit der Ausstellungsthematik hingegen Lois Renner zu tun, dessen frühe „Ateliereinsicht (mit P.P. Rubens)“ aus 1995 zwar Künstlerstatus und Geniebegriff diskutiert, mit gesellschaftlichen „Matrices“ allerdings wenig zu tun hat. Die schlüssigste Argumentation gelingt den Kuratorinnen da, wo es um Haut und Kleidung geht, erstere als verletztliche Grenze zwischen Individuum und Außenwelt, zweitere als Hülle und Schutzschicht wie auch repräsentative Trägerin für Information. Sie sind Leitmotivs eines starken Blocks im Eingangsbereich. Einen quirligen Mix daraus inszeniert etwa Magda Tothova mit ihrem Textilobjekt „Windstoß“ (2006) – ein plissierter weißer Rock zitiert Marilyn Monroes Sexappeal, die darunter hervorblitzende Unterhose ist hingegen gespickt mit Lenin-Medaillen – ein Ausdruck staatlicher Kontrolle bis in die intimsten Bereiche. Von Verletzlichkeit und Schmerzgrenzen erzählt hingegen Maria Hahnenkamp in ihren „roten genähten Fotoarbeiten“ (1995), für die fragmenthafte, zerschnittene Fotografien, die Ausschnitte von Polsterungen zitieren, zu einem körperhaft anmutenden Ganzen zusammengenäht wurden. Auch Birgit Jürgenssen ist da anzuführen mit ihren „Körperprojektionen“, wo der Rücken zum Träger von Geschichte und Geschichten wird. Wie letztlich auch die Kunstgeschichte einer feministischen Analyse unterzogen werden kann, zeigt Ines Doujak sehr schön in einer freien fotografischen Vermeer-Paraphrase. Überhaupt erweist sich das apparategebundene Hauptmedium Fotografie (mehr noch als Video) vor dem Hintergrund dieser Ausstellung als ein Leitmedium feministischer Kunst – nicht nur als Dokumentationsform, sondern auch als eine Bildmöglichkeit, der das Dialogische und die Prozessualität, die in der feministischen Kunst eine so zentrale Rolle spielen, von vornherein eingeschrieben ist.
Mehr Texte von Johanna Hofleitner

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Matrix. Geschlechter - Verhältnisse - Revisionen
13.03 - 07.06.2008

MUSA
1010 Wien, Felderstraße 6-8, neben dem Rathaus
Tel: +43 (0)1 4000 8400, Fax: +43 (0)1 4000 99 8400
Email: musa@musa.at
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Öffnungszeiten: Di - Fr: 11:00 - 18:00, Do: 11:00 - 20:00, Sa: 11:00 - 16:00 Uhr


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