Ursula Maria Probst,
Gina Müller - Tagtäglich - Alles ein Wunderland: Zwischen Ausnahmezustand und Alltagskultur
In den Ölbildern, Collagen, Fotografien, Siebdrucken, Zeichnungen und Fotoübermalungen von Gina Müller gerät eine aufbegehrende Unabhängigkeit gegenüber medialen Zwängen ins Bild. Ihre Neukonfigurationen zielen darauf ab, durch punkige bis märchenhaft inszenierte Gesellschaftsporträts und Textfragmente dem permanenten Bildkonsum eine "sanfte Rebellion" entgegenzusetzen. Überlegungen zum Ausnahmezustand und zum Aneignungs- oder Enteignungsprozess medialer Identitätsbehauptungen sowie dem Verlangen nach alltäglichen Erzählungen wird mit navigierenden, kurzschließenden oder gleitenden Bild-Text-Metaphern begegnet.
Die unmittelbare Bild-Übertragung von Erfahrung funktioniert in den Werken von Gina Müller durch verschiedenste Codes und Kombinationen in welchen das Ästhetische eine Verbindung mit dem Alltagspolitischen eingeht und eine andere feurige Erzählung formuliert. Als Bildmotiv taucht wiederholt der mexikanische Freiheitskämpfer Subcommandante Marcus auf, der sich gewaltlos für Rechtlose einsetzte. Gegenüber einer Diagnose von gesellschaftlichen Erschöpfungszuständen wird hier das Potential von Rebellion ausgelotet. Bisweilen treten elegische Posen einer Punkkultur ins Bild, welche kühn gegenüber einer Welt der lauen Emotionen ausbrechen.
Durch den auflösenden Pinselduktus wird die Schwelle zwischen Figuration und Abstraktion markiert. In der Fotoserie "alles ein Wunderland" werden durch den Einsatz von Entwicklungsflüssigkeit materielle Spuren sichtbar und ausgelöscht. Die potenziell von der Auflösung bedrohte Form entzieht sich dadurch einer medialen Oberflächenreflexion. Wiederholt wird auf Lewis Carolls "Alice im Wunderland" angespielt. Das Alltägliche wird zum Synonym für jenes Wunderland, in dem man sich nur noch wundert. Die Gestalt von Alice im Wunderland wird jenseits ikonografischer Aufladung durchdekliniert und durch die Sprache ein Resonanzraum erzeugt. Wortspielereien entstehen in welchen Ironien durch absurde Wortwendungen an realem Terrain gewinnen.
Die Lust am fotografischen und malerischen Experimentieren findet ihre Fortsetzung darin, dass Gina Müller Settings ihrer Ölbilder fotografiert und aus diesen Fotografien erneut Collagen gestaltet. Textfragmente, die eine Privatisierung des Weltunterganges thematisieren, tauchen auf. Dieses Oszillieren zwischen unscharfer und offensichtlicher Bedeutung bewirkt ein Gefühl von Temporalität. Trost, Wärme, Rebellion als Gegenmaßnahmen zur Betäubung und ein Augenschmaus wie in "To see or not to see" als Abwandlung zu Shakespeares "To be or not to be". Insofern existiert neben der ästhetischen Sprengkraft der Bilder auch ein gewisser Exorzismus zur rebellischen Läuterung.
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Gina Müller - Tagtäglich - Alles ein Wunderland
07.11 - 14.12.2007
Galerie Dana Charkasi - Plattform aktueller Kunst
1010 Wien, Fleischmarkt 11/2
Tel: +43 1 532 10 29, Fax: +43 1 532 19 79
Email: office@dana-charkasi.com
http://www.dana-charkasi.com/
Öffnungszeiten: geschlossen
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