Ursula Maria Probst,
Haus-Rucker-Co - Live again: Viva la Art
Dass ein Einbeziehen von Lifestyle, Design und Spaßfaktoren in der Kunst nicht zwangsläufig ein Abgleiten in Eventkulturen bedeutet, verhandelt die Ausstellung "Haus-Rucker-Co, LIVE again" im Lentos Kunstmuseum Linz. Von den Architekten Laurids Ortner und Günther Zamp Kelp sowie dem Künstler Klaus Pinter 1967 in Wien gegründet, bezieht sich der Gruppenname "Haus-Rucker-Co" auf deren Herkunftsregion Hausruck in Oberösterreich, sowie auf deren Intentionen neue Gestaltungsmöglichkeiten für Architektur und Kunst zu kreieren.
Als Gegenposition zum Wiener Aktionismus und dessen Fäkalienaktionen wird von "Haus-Rucker-Co" unter anderen durch pneumatische, transportable Wohnräume wie "Ballon für zwei" (1968) oder "Gelbes Herz" (1968) eine weniger autoaggressive gelbgefärbte "Vanillezukunft" entworfen. Doch "LIVE again" ist nicht als Retrospektive eines gruppendynamischen Zusammenwirkens von Künstlern und Architekten konzipiert, sondern als eine teilweise Re-Inszenierung der Ausstellung "LIVE", die 1970 im Wiener Museum des 20. Jahrhunderts stattfand und zum Publikumsmagneten wurde, wie deren Dokumentation im aktuellen Katalog zeigt.
Die raumfüllende 15 x 15 m große weiße Luftmatratze der Rauminstallation "Riesenbillard" bildet auch das Herzstück der aktuellen Ausstellung und lädt nicht nur dazu ein, wie auf einer Wrestlingmatte darauf herumzuhopsen. Vielmehr funktioniert "Riesenbillard" vor allem als interventionistisches Zitat einer radikalen Institutionskritik - als ein Statement zur nach wie vor ungelösten Diskrepanz zwischen Kunst und Leben. Gleichzeitig wirkt das "Riesenbillard" samt seiner aufgeblasenen Kugeln als Objekt wie ein in den Raum gekipptes Hindernis, das es zu überwinden oder dessen Raumgrenzen es wie in einem Boxring auszuloten gilt. Durch den Zitatcharakter werden allerdings die Qualitäten der Installation als offenes Kunstwerk, das von allen benutzbar ist, vernachlässigt. "LIVE again" zeigt insofern auf, welche gravierenden Veränderungen die Institutionskritik in den letzten 40 Jahren durchlaufen ist und wie deren euphorischen, revolutionären Ambitionen heute rezipiert werden.
Bereits 1967 entwickelte die Gruppe Haus-Rucker-Co mit dem "Mind Expanding Programm" ein Konzept zur drogenfreien Erweiterung des Erlebnisspektrums gegen bourgeoise Langeweile. Auf die experimentelle Architektur eines Hans Holleins oder Walter Pichler wurde mit einer konkreten Utopie reagiert, indem durch pneumatische Blasen benutzbare Räume als Kommunikationsakkumulatoren geschaffen wurden. Paradoxerweise nehmen die Blasen von Haus-Rucker-Co aus den 1960er Jahren gleichzeitig das egosphärische Weltbild eines Peter Sloterdijks vorweg. Die Ausstellung "LIVE again" konzentriert sich weiters durch Siebdrucke von Entwürfen zum "HRC Studio 491 Boradway" (1971), "Changer" (1972) oder "Environment-Transformer" (1968), Modelle und Collagen zum "Pneumacosm" (1967/2007), "Gelbes Herz" (1968) oder "Mind Expander 2" ( 1968/69) vor allem auf die innovativen Anfangsjahre des Kollektivs "Haus-Rucker-Co", das sich 1992 nach mehreren Umbruchphasen schließlich auflöste.
Mehr Texte von Ursula Maria Probst
Haus-Rucker-Co - Live again
16.11.2007 - 25.03.2008
Lentos Kunstmuseum Linz
4020 Linz, Ernst-Koref-Promendade 1
Tel: +43 70 7070 36 00
Email: info@lentos.at
http://www.lentos.at
Öffnungszeiten: täglich außer Mo 10-18 Uhr, Do 10-21 Uhr
16.11.2007 - 25.03.2008
Lentos Kunstmuseum Linz
4020 Linz, Ernst-Koref-Promendade 1
Tel: +43 70 7070 36 00
Email: info@lentos.at
http://www.lentos.at
Öffnungszeiten: täglich außer Mo 10-18 Uhr, Do 10-21 Uhr