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Taryn Simon - An american index of the hidden and unfamiliar: Foto des Monats

Einer der schönsten Gedanken, auf den die Kunstkritik gekommen ist, stammt von Michael Fried, ist in dessen "Art and Objecthood" von 1967 lesen und dabei ganz unspektakulär in einer Fußnote. "Man wirft dieser Kunst", heißt es da, "wenn man ihr überhaupt etwas vorwirft, vor, dass sie langweilig sei. Ein gravierenderer Zug aber bestünde darin, dass sie nichts anderes ist als interessant". Das Gewicht dieses Satzes hat sich bis heute gehalten, und er gilt weit über die von Fried inkriminierte Minimal Art hinaus. Taryn Simon zum Beispiel, die 1975 geborene New Yorkerin, für deren "An American Index of the Hidden and Unfamiliar" betitelte Fotostücke das Frankfurter Museum Moderner Kunst gerade sein Erdgeschoss geräumt hat, trifft er mitten ins Herz. Taryn Simon gehört zur Künstlerschickeria um Steven Spielberg, Salman Rushdie hat ihr das Vorwort fürs Begleitheft geschrieben, und die gewisse Bereitschaft, sich mit Prominenz einzulassen, legt sich insgesamt auf ihre künstlerische Arbeit. Wahrzunehmen ist selten viel auf Taryn Simons Mittelformaten, und die große Chance von Bildern, nämlich zu zeigen, ist vertan. Dafür gibt es dann jede Menge Text, der sagt, wie bedeutend die Abbildungen sind. Man sieht einen älteren Mann und bekommt erklärt, dass er gerade ein Medikament zur Sterbehilfe erhalten, aber noch nicht genommen hat. Man sieht Müll und bekommt erklärt, dass er von Viren verseucht ist. Man sieht einen Stapel beschrifteter Packungen und bekommt erklärt, dass darin Corpora Delicti hausen, die bei Vergewaltigungen zum Einsatz gebracht wurden. Man sieht eine Reihe von Passfotos und bekommt erklärt, dass die Konterfeis Menschen gehören, die Vielweiberei betreiben. Undsoweiter. Taryn Simon möchte insgesamt erklären, dass die Wirkmacht der Weltmacht USA immer noch subkutan abläuft, als Geheimpolitik und Arkanpraxis. Und ihr stünde dann, journalistisch, investigativ, die Aufklärungsarbeit zu. Genau in diesem Spagat aus Esoterik und Entlarvung aber tut sich eine Massenkommunikation auf, die von Harry Potter bis zu angeblichen Papstmorden Verschwörungstheorien spinnt. Erst macht man es geheimnisvoll, dann wird hinterfragt. Taryn Simons Bilder eignen sich vortrefflich für alle Illustrierten dieser Welt, als Fotos der Woche oder des Monats, gleich hinter dem Inhaltsverzeichnis. Hier sind sie dann interessant. Bestenfalls.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Taryn Simon - An american index of the hidden and unfamiliar
29.09.2007 - 20.01.2008

MMK Museum für Moderne Kunst Frankfurt
60311 Frankfurt, Domstraße 10
Tel: +49 - 69 - 212 - 304 47, Fax: +49 - 69 - 212 - 378 82
Email: mmk@stadt-frankfurt.de
https://www.mmk.art
Öffnungszeiten: Di 10-17, Mi 10-20, Do-So 10-17 h


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