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AES+F - Last Riot: Caravaggio im Kinderzimmer

Ob sie sich in ihren perfekt inszenierten Foto- und Videoarbeiten nun mit Themen wie Islam, Kinderarbeit oder Cyber-Reality beschäftigten: Das Tabu war Tatiana Arzamasova, Lev Evzovich, Evgeny Svyatsky, die seit 1987 unter dem Label AES auftreten, nie fremd. Damit folgt auch die Provokation auf den Fuß, verlässlich wie das Amen im Gebet. Eine auf den ersten Blick glatt anmutende Werbeästhetik, die AES diesen Werken nicht zuletzt durch die Mitwirkung des Modefotografen Vladimir Fridkes (seit 1995) angedeihen lässt, trägt das Ihre dazu bei und ist wohl auch Erfolgsgeheimnis: Die Preise der Editionen von AES+F haben die 100.000-Dollar-Schwelle zum Teil schon überschritten. Seinen letzten Coup landete das Quartett in diesem Sommer mit dem imposanten 22-minütigen Mehrkanal-Video "Last Riot", einem von insgesamt vier cyber-lastigen Beiträgen, mit denen sich Russland im vergangenen Sommer an der Kunst-Biennale in Venedig präsentierte. Untermalt von epischen Klängen, u.a. Richard Wagners "Götterdämmerung" und japanischer Musik vom Mittelalter bis zu Techno, liefert die Monumentalfassung dieser Arbeit auf drei räumlich angeordneten Screens eine apokalyptisch überhöhte Zusammenschau ökologischer und sozialer Katastrophen. Als Protagonisten haben AES+ F eine Gruppe Halbwüchsiger in einer artifiziellen Landschaft ausgesetzt, die mit ihrer 3-D-animierten Bildwelt aus Brücken, endlosen Straßen, Burgen, Karussellen und Wüsteneien gleichermaßen an Computerspiele wie Märchen erinnert - eine Bildwelt, die durch ihre pompöse Sprache immer wieder vom Banalen ins Gespenstisch-Romantische übergleitet. Bekleidet mit Sport- und Unterwäsche und ausgestattet mit Baseball-Schlägern, Maschinengewehren und Schwertern - in der Summe alles Zitate von Spielgeräten und Klamotten des globalisierten Kinderzimmers - schlagen sich die Jugendlichen durch diese Cyber-Welt - im metaphorischen wie auch im Wortsinn. In der Wiener Galerieausstellung ist AES+F`s Opus Magnum nun in seiner Klein- und Handelsform zu sehen, sowohl als Einkanal-Projektion wie auch in Form großformatiger Standbilder, ausgeführt als elegante Lamdaprints. Dass das Video-Kleinformat gegenüber der Monumentalfassung den Kürzeren ziehen würde, war zu erwarten. Bemerkenswert sind hingegen die Stills, die weit mehr sind als eine gut sortierte Auswahl von Auskoppelungen. Während ihnen auf inhaltlicher Ebene naturgemäß Zitate aus dem Video zugrunde liegen, spielen sie, was Dramatik, Farbigkeit und Komposition anlangt, als Bilder auf manieristische Prinzipien an. Da sind in der Darstellung von Gewalt dann nicht bloß interaktive Kriegsgames aus der virtuellen Shopping-Mall rasch bei der Hand, sondern da sind auch Caravaggio & Co. nicht weit. Mit dieser Bandbreite haben sich AES+F einen unverwechselbaren Platz in der zeitgenössischen Kunst erobert. Und was die große Sicht anlangt, reihen sie sich in einen klassischen ästhetischen Diskurs ein, der seinen Ausgangspunkt alle Einwänden zum Trotz in der Malerei hat.
Mehr Texte von Johanna Hofleitner

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AES+F - Last Riot
12.09 - 10.11.2007

Knoll Galerie Wien
1060 Wien, Gumpendorfer Straße 18
Tel: +43 1 587 50 52, Fax: +43 1 587 59 66
Email: office@knollgalerie.at
http://www.knollgalerie.at
Öffnungszeiten: Di-Fr 14-18, Sa 13-15h


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