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Zwelethu Mthethwa, Frenzi Rigling: Action und Retardement

Auch wenn die Galerietür im Sommer ohnehin meist offensteht: Es liegt, sobald man eingetreten ist, unleugbar ein muffiger Geruch in der Luft. Quer durch alle Räume schlägt er dem Besucher bis auf den Gehsteig entgegen und zieht ihn doch an, um ihn durch die Ausstellung der "Maidens" von Zwelethu Mthethwa direkt in den "Dritten Raum" zu lotsen, wo sich der Anblick eines riesigen Berges zusammengeknüllter Kleidungsstücke als des olfaktorischen Übels Begründung erweist. Und fordert den dort Angekommenen alsdann auf, sich weiter umzusehen. Der Kleiderberg ist nicht mehr als ein Köder, wenngleich er von Frenzi Rigling durchaus perfekt in Szene gesetzt worden ist. Nicht nur, dass er den Ausstellungsraum an seinem Ende wie eine Barriere begrenzt. Rigling hat ihn zudem mithilfe indirekten Lichts, das durch eine Milchglastür fällt, spektakulär ausgeleuchtet und so mit unbestimmter Bedeutung aufgeladen. Wie denn das Rätsel auch einer der Antriebsmotoren dieser Installation zu sein scheint. Was haben denn schon alte müffelnde Kleider in einer Ausstellung zu suchen, wenn sie nicht Skulptur sein sollen? Auch wenn sich die Kleider als Einzelne in 365 Zeichnungen wiederfinden, die in Reih und Glied als Block auf einer Wand montiert sind: Die Frage will so schnell nicht beantwortet werden. Im Gegenteil, die Antwort wird durch eine Reihe retardierender Momente weiter hinausgezögert. Etwa dadurch dass auf einem in einer Ecke aufgestellten Monitor Hitchcocks "Frenzy" läuft. Das untermauert die Dramatik der Installation und wer den Film nicht kennt, hat hier gleich auch Gelegenheit, ihn sich anzuschauen. Ansonsten aber tut er nicht viel zur Sache - es sei denn strukturell. Also schließt sich das Genre mit dem Rätsel der Installation kurz - und der Filmtitel mit dem Vornamen der Künstlerin. Womit die gesamte Inszenierung schlussendlich doch auf den Punkt kommt: In Bocksprüngen zwischen Action und Akteurinnen hin und her springend verhandelt Frenzi Rigling hier am Ende nichts anderes als das Selbst. Die gebrauchten Kleider waren schon ein Hinweis auf eine Trägerin, deren Geschichte wird allerdings nicht preisgegeben. Vielmehr wird sie reduziert auf das tägliche Ritual des Sich-Ankleidens - und des Zeichnens, was auf nicht mehr, aber auch nicht weniger als zwei Rollen verweist: "Frau" und "Künstlerin". Das Private bleibt dabei außen vor. Und das ist letzlich auch der mimimalistische Succus des monumentalen Zeichnungsinblocks, dessen 365 wie Ausschneidebögen angeordnete "Diagramme" jeweils die Kleidung eines Tages im Jahr dokumentieren. Leibchen, Hose, Slip, Pantoffel. Mantel, Bluse, Rock, Unterwäsche, Kniestrümpfe, Schuhe. Usw. usf. Je nach Temparatur, je nach Jahreszeit - Stenogramm eines Jahres. Einen kraftvollen Kontrapunkt zu Riglings Minimalismus setzt Zwelethu Mthethwas Zyklus "Maidens". In dokumentarhaften Aufnahmen, die während des traditionell als "Jungfräulichkeitstest" gehandelten Reet-Festes entstanden sind, macht er mit geradezu psychoanalystischer Präzision kulturelle Widersprüche sichtbar, wie sie aus dem Aufeinanderprallen gesellschaftlicher Rituale mit einer globalisierten Gegenwart resultieren.
Mehr Texte von Johanna Hofleitner

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Zwelethu Mthethwa, Frenzi Rigling
01.06 - 04.08.2007

Christine König Galerie
1040 Wien, Schleifmühlgasse 1a
Tel: +43-1-585 74 74, Fax: +43-1-585 74 74-24
Email: office@christinekoeniggalerie.at
http://www.christinekoeniggalerie.at
Öffnungszeiten: Di-Fr: 12-18h
Sa 12-16h


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