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VALIE EXPORT: Böses Mädchen - Superstar

Wenn in "Unsichtbare Gegner", VALIE EXPORTs 1977 entstandenem Spielfilmdebüt, ein Radiosprecher über die Invasion der außerirdischen Hyksos berichtet, die von den Menschen Besitz ergreifen und ihr Bewusstsein verändern, bildet das Objektiv der Kamera dazu die Straßen und Häuser aus dem Wien der siebziger Jahre ab. Zeitzeugen laufen Gefahr, beim Anblick der grauen Gründerzeitfassaden zwar nicht von den - übrigens der altägyptischen Geschichte entlehnten - Hyksos, dafür aber von Wellen beinahe olfaktorischer Erinnerungen überfallen zu werden: an das Schale und Dumpfe, das Kleinkarierte und Langweilige dieser Zeit, zumindest in Wien. Wie alle Filme und Videos von VALIE EXPORT, die das Österreichische Filmmuseum, in Zusammenarbeit mit sixpackfilm und den Wiener Festwochen, derzeit als erste Institution retrospektiv im Film- und nicht, wie sonst üblich, im Kunstkontext verortet, ist "Unsichtbare Gegner" ein Zeitdokument, aber natürlich auch noch viel mehr. Denn was das Werk von Österreichs bedeutendster Künstlerin ausmacht, ist einerseits die Entwicklung eines radikalen aktionistischen Feminismus, andererseits ein sehr experimenteller Umgang mit neuer Medientechnologie, Material und dem (eigenen) Körper. Dem anhaltenden Interesse an den kulturellen Repräsentationen des weiblichen Körpers stehen eine multimediale Praxis und Theorie in Form von Installationen, Fotografien, Schriften, Performances, Filmen und Videos gegenüber. Das filmische Schaffen, die Expanded Cinema-Arbeiten eingeschlossen, decken die Jahre 1967 bis 1992 ab. Im Filmmuseum gibt es daher zu sehen: die frühen Performancefilme wie die Kurzdokumentation der Expanded Cinema-Aktion "Tapp- und Tastkino" (1968), bei der VALIE EXPORT die politische Funktion des Kinos begreiflich machte, indem sie sich eine Box vor den nackten Oberkörper hängte und Passanten einluden, hinein zu langen; der berüchtigte Selbstverstümmelungsfilm "...Remote ... Remote..." (1973) oder der nicht minder berüchtigte, weibliche Sexualität thematisierende feministische Schocker "Mann & Frau & Animal" (1970/73). Es gibt weiter zu sehen: alle drei ironisch-feministischen, politischen, unkonventionell Genregrenzen überschreitenden Spielfilme, von denen der dritte, "Die Praxis der Liebe" 1985 im Wettbewerb der Berlinale lief, und mehrere Dokumentarfilme VALIE EXPORTs für das legendäre, leider längst Geschichte gewordene ORF-Format "Kunststücke". In einer einzigen Life-Aufführung werden sechs Expanded Cinema-Arbeiten der Jahre 1967-73, von denen einige im Sinn einer Technologiekritik den Effekt des Films mit einfachsten Mitteln erzeugen, ebenfalls im Filmmuseum gezeigt. Parallel zur Retrospektive im Filmmuseum zeigt die Galerie Charim unter dem Titel "Left Over" eine Ausstellung, die VALIE EXPORTs Umgang mit dem Filmischen in anderen Medien thematisiert. Neben einem ganz frühen Film-"Selbst-Porträt mit Kopf", einer Filminstallation, zwei originalen Koffern mit Vorführkopien, etlichen Konzeptblättern, u.a. für "Die Praxis der Liebe", ist eine Fotoedition zu sehen, die auf Grundlage nicht verwendeter Kader aus den Filmen eben erst aufgelegt wurde. VALIE EXPORT soll dafür tief in ihrem Archiv gekramt haben, u.a. auch als Teil der Vorarbeit zu einem neuen Buch über ihre Filme und Videos, das demnächst erscheinen wird. Als Begleitprogramm ist das sehr fein.
Mehr Texte von Andrea Winklbauer

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VALIE EXPORT
18 - 31.05.2007

Österreichisches Filmmuseum
1010 Wien, Augustinerstrasse 1 (im Gebäude der Albertina)
Tel: +43/1/533 70 54, Fax: +43/1/533 70 54-25
Email: office@filmmuseum.at
http://www.filmmuseum.at/


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