Looming up - Junge Kunst aus Bulgarien: Geraubte Utopien

Es gibt kein Entrinnen vor dem Zeitalter der MTV-Ästhetik, Seifenopern und McDonaldisierung - hemmungslos setzen Boris Missirkov, Boryana Dragoeva, Daniela Kostova, Houben Tcherkelov, Ivan Moudov/Dessislava Dimova, Kamen Stoyanov und Rassim* den medien- und konsumsüchtigen Individualkult der westlich amerikanisierten Gesellschaft ins Bild. Länderpersonalen haben zwar einen inflationären Beigeschmack, andererseits existiert im internationalen Kunstkarusell ansonsten die Tendenz, immer dieselben VorzeigekünstlerInnen zu puschen. Außerdem mangelt es in Bulgarien an einer funktionierenden Infrastruktur für zeitgenössische Kunst, sodaß Ausstellungen, wie Looming up eine wichtige Vermittlerposition einnehmen. Kurator Walter Seidl setzt bewußt auf die Generation der um die 30-jährigen, die weniger aggressiv mit dem Publikum umgeht, als die politisch motivierte Generation nach der Wende. Wie Kunst den Muskelprotz im Mann herauskitzelt führt die Videoinstallation \Corrections\ vor. Der Kampf ums Überleben als Künstler findet bei Rassim* in der Fitnesskammer und mit Anabolika statt. In der erstmals vollständig präsentierten Installation treffen effektvoll individueller Lifestyle und Produktdressing im Zeichen der Corporate Identity aufeinander. Sehnsüchten nach westlichen Hochglanzwelten und neuen Lebensutopien, die via Satellitenprogramm ins Wohnzimmer strömen, erliegt Houben Tcherkelov und inszeniert den Starkult mit all seinen dekadenten Begleiterscheinungen: Cadillac, Stripteasegirl, Drogen und Groopies. Daß die Verwundbarkeit des Körpers trotz dieser Abziehbilder aus Medienenklaven eine Bedrohung bleibt, thematisiert Boryana Dragoeva eindringlich im Video \The Moon and the Sunshine\. Zur Positionierung im internationalen Kontext eignen sich die bulgarischen KünstlerInnen verführerische Bildstrategien des Westens an, um sich schlußendlich als Bilderstürmer zu erweisen. Ob es funktioniert im Global Village, die Lücken zur vorgefundenen Realität in \Bulbarien\ zu überwinden, wird sich noch zeigen.

Mehr Texte von Ursula Maria Probst

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!

Looming up - Junge Kunst aus Bulgarien
05.04 - 26.05.2001

KEX Kunsthalle Exnergasse
1090 Wien, Währinger Straße 59, 2. Stiege, erster Stock
Tel: +43 (0)1 401 21-41 oder +43 (0)1 401 21-42, Fax: +43 (0)1 401 21-67
Email: kunsthalle.exnergasse@wuk.at
https://www.wuk.at/kunsthalle-exnergasse/
Öffnungszeiten: Dienstag - Freitag 13:00 - 18:00,
Samstag 11:00 - 14:00 Uhr

Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum