Werbung
,

Lee Ufan: Das Fade

Wir leben im Zeitalter der Interessantheit. Die fünfzehn Minuten, die wir alle berühmt geworden sein werden, machen uns entsprechend unwiderstehlich. Doch seit mehr als 200 Jahren leben wir schon im Zeitalter der Interessantheit. Das bringt, wusste zum Beispiel Friedrich Schlegel und schrieb es 1797 in seinem Aufsatz über das "Studium der griechischen Poesie" ganz beiläufig hin, folgende vier Möglichkeiten mit sich. Entweder wir entscheiden uns dabei für das, so der Chefideologe der Romantik, "Piquante". Oder wir nehmen das "Frappante". Zur Auswahl steht auch das "Choquante". Schließlich gibt es da noch etwas, und damit sind wir bei Lee Ufan: das "Fade". Das Fade ist also ein ästhetischer Begriff. Es geht nicht um fad im landläufigen Sinn - das wäre etwa, um in der Romantik zu bleiben, Caspar David Friedrich. Es geht um das Fade, so wie Donald Judd, der Erfinder der spezifischen Objekte, der Schwelgerei im Überfluss durchaus unverdächtig, es in die einschlägigen Worte fasste: "A work needs only to be interesting." Auch das Coole, Zurückhaltende, Lapidare hat seinen Spektakelwert. Lee Ufan. 1936 in Südkoera geboren, lebt er heute abwechselnd in Tokio und Paris. Grenzgänger kann man seinesgleichen nennen, und ein wenig von dem "Lost in Translation", das einen Europäer angesichts des fernen Ostens überkommt, mag schon hereinspielen, wenn man seine Exerzitien in der weiten Interferenz zwischen Minimal und Zen verortet. Ein einziger Pinselstrich macht sich auf der Leinwand geltend, die ihrerseits monochrom gehalten ist, pur, streng, observantistisch. Da kann man hinein- und herauslesen, was das eigene Weltbild nur so bei Laune hält. Wenn nichts zu sehen ist, lauert das Nichts in jedem Pigmentkorn. "Man kann nicht immer interessant bleiben", heisst es bei Thomas Mann, "man geht an seiner Interessantheit zugrunde oder man wird ein Meister." Lee Ufan hat diese Alternative hinter sich. Sein Habitus legt nahe, dass ihm längst die zweite Möglichkeit zukommt. Er ist ein Meister. Ein Meister des Faden.
Mehr Texte von Rainer Metzger

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Lee Ufan
21.02 - 21.04.2007

Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: