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Kollektionär

Die Sammlung Essl, das Kompetenzzentrum für österreichische Kunst in Klosterneuburg, hat Grund zu feiern. Was heisst die Sammlung, es ist der Kollektionär selbst, der zum Jubilar geworden ist, denn es gibt eine große Schau mit dem Motto "Leidenschaft Kunst". Der sehr spirituell geratene Untertitel "meine Visionen, meine Träume, mein Schmerz" hätte vielleicht durch "mein letztes Hemd" ergänzt werden sollen. Karlheinz Essl nämlich hat sich für seinen Kunstbesitz offenbar verausgabt bis auf die Rigips-Platte. Nur so ist es zu erklären, dass die jetzt im März zu eröffnende Ausstellung eine, sagen wir, ungewöhnliche Vorbereitung erfuhr. Im Spätsommer 2006 erging an die "in unserer Sammlung vertretenen Künstler" ein Brief, und er enthielt die Bitte, "uns einen persönlichen Geburtstagsgruß zukommen zu lassen." Für alle, die darauf der Idee verfallen wären, eine CD mit selbst gesungenem "Happy Birthday" zu versenden, wurde die Bitte präzisiert: Gemeint seien "künstlerische Geburtstagsgrüße". Es gäbe auch einen Katalog. Nun ist der Herr Baumax für seine, sagen wir jetzt, ehrgeizige Verhandlungspolitik Künstlern gegenüber durchaus bekannt, und einige der Angeschriebenen werden womöglich der Ansicht sein, sie hätten der Sammlung schon genug Geschenke gemacht mit den Prozenten und Draufgaben beim Esslschen Erwerb ihrer Werke. Darüberhinaus ist der Geburtstag, dem der künstlerische Gruß zu gelten hat, eher unrund, denn der 1939 geborene Kommerzialrat mit seinem im Jahr 1999 eröffneten Haus begnügt sich in seinem, sagen wir es rundheraus, Bettelbrief mit der durchaus vagen Bemerkung, er und seine Frau hätten "vor etwa 35 Jahren" mit dem Sammeln begonnen. Doch wollen wir nicht kleinlich sein und in die Gratulationscour vielmehr einstimmen. Essl, so lässt sich lobend erwähnen, nimmt die Künstler immerhin auf seine Art ernst. Anders als Sammler vom Schlage eines Ernst Ploil oder Reiner Speck meint er es nicht souverän, sondern nachgerade subkutan. Und anders als jene neuartige Species, für deren Mentalität der deutsche Vizekanzler Müntefering einst das garstige Wort "Heuschrecken" prägte, rennt Essl nicht in die Akademien zu den Sechstsemestern, kauft deren Gesamtbestand auf und spekuliert mit der großen Karriere oder schmeisst widrigenfalls das Zeug auf den Müll. Nein, dem Klosterneuburger Kollektionör ist nichts zu schwör. Er läuft den Arbeiten noch hinterher, wenn sie nichts kosten. Tu felix Austria buhle. Und wir gratulieren. Zu was auch immer.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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