Rainer Metzger,
Minister innen und Minister außen
Das Schönste an der neuen Koalition ist eine Überschrift. Sie war letzte Woche in der Süddeutschen zu lesen und begleitete einen Artikel von Michael Frank, der stets für einige deftige und um so wohl gesetztere Zeilen gut ist. "Regieren geht über studieren" war die Überschrift. Gut, dass in der neuen Konstellation wenigstens den Berichterstattern etwas einfällt.
Das Schönste an der alten Koalition ist uns ja abhanden gekommen. Das war ohne Zweifel der Herr Grasser, der Ganymed zum Jupiter, der Mundschenk des schwarz-blauen Olymps, der, um Goethes einschlägiges Gedicht zu zitieren, mit der "tausendfachen Liebeswonne". Doch was im Gartenpalais des Prinzen Eugen möglich ist, nämlich an der Spitze zu stehen über die Quantität der Auftritte in den Seitenblicken, das blieb seinem Stadtpalais irgendwann versagt. So hat das Belvedere eine neue Leitungsperson und das Finanzministerium auch.
Die alten Griechen wussten noch um den Zusammenhang von Schönheit und Chefetage. Wunderbar die Geschichte von Phryne, die des Hochverrats angeklagt war, doch als der Areopag, das Athener Parlament, über den Fall zu beraten hatte, ließ die Dame schnell die Hüllen fallen und stand in derart blühender Pracht vor den Herren, dass diese schnell zum Freispruch griffen. Wer derart wohlgebaut sei, müsse auch wohlgeraten sein.
Schönheit, so wussten die Alten, lebt von der Korrespondenz von Interieur und Exterieur, und Proportio und Symmetria, Harmonia und Integritas bedeuten nichts anderes als Inbegriffe der einen perfekten Formung im Innen und im Außen. Heute ist der Verteidigungsminister ein Kriegsdienstverweigerer, und die Gesundheitsministerin pflegt einen sichtlichen Hang zum Übergewicht. Vielleicht hat das Regieren ja einen weichen Kern. Auf jeden Fall hat es eine raue Schale.
In einer Zeit, da die ideologischen Welten noch aufeinanderprallten, ließ sich eine wohlfeile Weisheit formulieren. Die Rechten, so sagte Walter Benjamin damals, betrieben eine Ästhetisierung des Politischen - Benjamin nannte die Rechten bekanntlich Faschismus -, während die Linken - in Benjamins Diktion: der Kommunismus - dem eine Politisierung der Ästhetik gegenüberstellten. Mit einer Ästhetisierung des Politischen ist es jedenfalls jetzt vorbei in der österreichischen Bundesregierung. Die Sozis haben sich doch durchgesetzt.
Mehr Texte von Rainer Metzger
