Candice Breitz - Working Class Hero (A Portrait of John Lennon): Nichts ist schöner, als kurz vor dem Eintritt ins bittersüße Popparadies die Handbremse zu ziehen
Jeder noch so gehypte und bewunderte Popstar hatte irgendwann gegen Schmähungen und Rachegefühle von fanatischen Fans zu kämpfen. John Lennon kostete seine Heroisierung zum Popidol das Leben. Weniger bekannt sind die Umstände unter welchen John Lennon nach der Trennung von den Beatles sein erstes Soloalbum "John Lennon/Plastic Ono Band" (1970) aufnahm. Psychische Probleme, Todessehnsüchte, Kindheitstraumata, Einsamkeit und John Lennons Urschrei-Therapie fließen in die emotionsgeladenen Songlyrics des Albums ein. In ihrer neuen 25-Kanal-Videoinstallation "Working Class Hero (A Portrait of John Lennon)" befasst sich die Künstlerin Candice Breitz nach Bob Marley, Michael Jackson und Madonna mit John Lennon mit einer weiteren Pop-Ikone und infolgedessen auch mit dem Sozialisationseffekt, welchen die Identifikation mit Stars für Fans bewirkt. Mittels Fragebogen scannte Candice Breitz John Lennon-Fans auf ihre Fantauglichkeit und lud 25 von ihnen in ein Aufnahmestudio in die englische Stadt Newcastle für eine Coverversion des ca. 39 minütigen Albums "John Lennon/Plastic Ono Band" ein. Nicht zufällig fiel die Wahl auf die einstige Metropole für Schwerindustrie und Maschinenbau Newcastle, deren Niedergang exemplarisch für den heutige Status quo der Arbeiterschaft ist. Publicityträchtige Medienformate von Musikclips und Soundtracks bilden insofern ebenso eine Angriffsfläche, wie Bezüge zu einer Social(Art)History des Working Class Heros. Jeder Fan singt zunächst allein die Songs der LP "John Lennon/Plastic Ono Band" vor laufender Kamera. Mit der Originalversion haben die sperrigen Interpretationen längst nichts mehr zu tun, dennoch gelingt es Candice Breitz, durch ihren Mix der aufgenommenen Ton- und Bildsequenzen in der konzeptuellen Nachbearbeitung ein flächiges Pop-Versprechen zu produzieren, das eine emotionale Betroffenheit auslöst. Nicht die große Selbstinszenierung, wie sie der Mainstream durch Shows à la Starmania forciert, sondern die Bewältigung psychischer Krisen dringt durch. Die Emotionalisierung überträgt sich auf das Publikum, das durch die distanzlose Aufnahmetechnik in die intime Situation involviert wird.
15.12.2006 - 14.03.2007
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