Spätwerke haben für Ausstellungen speziell der klassischen Moderne einen großen Vorteil: Man kommt leichter an sie heran als an die raren Einzelstücke künstlerischer Jugendzeiten. Spätwerke haben allerdings einen gravierenden Nachteil: Durch die Bank führen sie vor, wie jemand, der einst ein Held war, seinen Nachlaß zu Lebzeiten verwaltet. Da helfen Etiketten wie \"später Rebell\" meistens wenig.
Viel Mirósches Spätwerk ist im Kunstforum der Bank Austria zusammengekommen. Es gibt auch einiges aus früheren Phasen, aus jener Epoche, als der Meister ein Surrealist war und dem Unbewußten huldigte. Perfekt spielte er das Spiel der Automation, und wie unvermittelt und ungefiltert auch immer die Gesichte seinerzeit an die Oberfläche und in die Leinwände drangen, sie schufen jedenfalls Bilder, die nie dagewesen waren. Mirós Frühwerk ist, mit anderen Worten, originell.
Dies gerade ist sein Spätwerk nicht. Das Format ist größer geworden, die Palette reduzierter, nämlich auf Schwarz konzentriert, und an die Stelle einer Mechanik des Unbewußten hat sich die Instinkthandlung des Gestischen gesetzt: Für sich persönlich hat Miró damit nachvollzogen, was sich auch im Allgemeinen der Abstraktion getan hat. Surrealismus wurde Informel.
Die meisten Exponate stammen aus den siebziger Jahren. Diese Produktion als \"gewalttätig\" zu bezeichnen, ist schon arger Etikettenschwindel. Was war dann der Wiener Aktionismus? In der obligatorischen Einführung in die Schau ist gar von \"Dekonstruktion\" zu lesen: War Miró auch noch ein Vertreter der Conceptual Art?
Der \"später Rebell\" probt den Aufruhr vom Lehnstuhl aus. Ein bißchen mit dem offenen Licht zu spielen und Leinwände anzukokeln ist eine typische Alterserscheinung. Solange man noch am Frühwerk bastelt, geht man mit Feuer anders um: Man wirft Mißlungenes in den Ofen. Nicht zuletzt deshalb sind Einzelstücke aus dieser Zeit auch so rar.
Mehr Texte von Rainer Metzger
Joan Miró - Später Rebell
15.03 - 04.06.2001
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