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Der Nitsch-Effekt

"Unter dem Deckmantel eines Happenings hatten die Wiener Aktionisten Nitsch, Muehl oder Schwarzkogler öffentlich Tiermassaker vollzogen; vor einer Schar debiler Zuschauer hatten sie den Tieren die Organe und Eingeweide ausgerissen und zerstückelt und die Hände in Fleisch und Blut getaucht und das Leiden der unschuldigen Tiere auf den Höhepunkt getrieben - und währenddessen fotografierte oder filmte ein Komparse das Gemetzel, um die so erhaltenen Dokumente in einer Kunstgalerie auszustellen." Dieser Text entstammt keiner Presseerklärung aus dem Büro des Herrn Strache, sondern einem Stück Belletristik, das man mittlerweile für Weltliteratur hält. Michel Houellebecq lässt es schön krachen in seinen "Elementarteilchen", und die "Wurzel allen Übels", so der Autor, sind die Aktionisten. Typen wie der belgische Kinderschänder Marc Dutroux oder der Hippie-Satanist Charles Manson werden aufgeboten, als Kronzeugen gleichsam, doch am Grunde aller Machenschaften liegen die seltsamen Körpertraktierungen der Künstler aus Wien. Houellebecqs Held Bruno blickt um sich: "Er hatte seinen Kaffee schon seit langem ausgetrunken, es war vier Uhr morgens, und es war kein Wiener Aktionist im Restaurant." Erst nachdem er sich dergestalt vergewissert hat, darf Bruno durchatmen. Auf seine hysterische Art nimmt sich Houellebecq heraus, Nitsch und seine Kombattanten nicht gut zu finden. Immerhin nimmt er sie in ihrer Zuständigkeit für allen Morast der Welt sehr ernst. Houellebecq ist ein Reaktionär, aber ganz gewiss nicht von jener Sorte wie der Polit-Hasardeur Strache, der die Aktionisten und namentlich Nitsch, wie man letzte Woche allenthalben gemeldet bekam, seinerseits nicht gut findet. Eines vor allem hat Strache mit seinen Auslassungen erreicht: Jeder, der nicht in die rechtsradikale Clique geraten will, muss Nitsch jetzt gut finden. Nitsch ist aber kein guter Künstler. Seine Bilder sind läppisch, seine Texte verblasen und seine Winzerhofweihespiele Inszenierungen jener Schlaubergerei, die je nach Bedarf den Auftritt als Ritual verkauft, das Dokument als Kultobjekt und die Ästhetik als Magie. Nitsch ist kein guter Künstler, ebenso wie zum Beispiel Baselitz kein guter Künstler ist. Dass ihre Arbeit wenig taugt, muss schon einmal gesagt werden dürfen. Daran kann auch Houellebecq nichts ändern. Und Strache noch viel weniger.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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