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Trinh T. Minh-ha, Axel Stockburger, Michael Schmid/Christoph Scholz: Was Kunst von Pop unterscheidet

Die Secession macht seit langem aus der Not der schieren Zahl die Tugend der Entdifferenzierung. Zwar rennen die meisten Besucher Kopf in den Boden und Körper in den Keller gleich zum Klimt-Fries, doch wird die pure Menge an Eintretenden für die parallelen Ausstellungen zeitgenössischer Kunst mitvereinnahmt. Die drei momentanen, füglich hermetischen Präsentationen können dann jeweils etwa 15.000 Interessierte für sich verbuchen: Trinh T. Minh-ha grenzt an Tom Cruise, Axel Stockburger konkurriert mit Barbara Stöckl und Michael Schmid/Christoph Scholz klingeln bei Kruder & Dorfmeister. Axel Stockburger ist Jahrgang 1974, lebt in London und liefert die eingängigste der drei Positionen. Sein in der Galerie im Untergeschoß ausgebreitetes Thema ist das Unbehagen an Mechanik und Mentalität des Netzzeitalters, und so bevölkern unbrauchbare Joy-Sticks den Boden und das überdimensionierte Foto eines Bildschirms hängt von der Decke: Was es zeigt, ist nicht das Internetbild, sondern dessen Codierung mit Myriaden von Ziffern und Zeichen. Stockburgers Kritik ist eher brachial, ein Finger in der Wunde, nicht erhoben als Zeige-, sondern gestreckt als Stinkefinger. Das Grafische Kabinett zeigt in nächster Zeit eine Folge von acht jeweils \"das Experiment\" betitelten und von Dorit Margreiter betreuten Young-Person-Shows. Nummer eins besorgen Michael Schmid, Jahrgang 1979, und Christoph Scholz, geboren 1974, und sie suchen in ihrer Installation eine Antwort, deren Dementi sie eigentlich selbst verkörpern. Als Zeitgenossen des Cross-Over wollen sie wissen, was Kunst und Pop unterscheidet, befragen dazu weitere Zeitgenossen des Cross-Over und fügen die Statements zu zwei Videotapes. Das Gezeige liefert Synthesen. Das ist heutzutage allemal wichtiger als Analysen. Schließlich Trinh T. Minh-ha, die Filmemacherin, in Vietnam geboren, in den USA lehrend, eine Galionsfigur des Postkolonialismus. Die fünf Filme, die sie bisher gemacht hat, werden im Oberlichtsaal vorgeführt, das Abendfüllende als Beschäftigung für einen ganzen Tag. Der kinematografischen Ästhetik entspricht die architektonische der von Adolf Krischanitz besorgten Einbauten, schwarz und provisorisch, Kultstätten eines Rückzugs und einer Rückbezogenheit, die dadurch als Orte der Reflexion ausgewiesen werden. So inszeniert die Secession vielleicht selbst eine Antwort darauf, was Kunst von Pop unterscheidet. Erstere verlangt einen Moment der Konzentration, wogegen sich Pop in der Außengeleitetheit verliert. Und Außengeleitetheit ist, folgt man Christopher Laschs Buch von 1960, Zeichen eines \"Zeitalters des Narzißmus\".
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Trinh T. Minh-ha, Axel Stockburger, Michael Schmid/Christoph Scholz
05.03 - 22.04.2001

Secession
1010 Wien, Friedrichstrasse 12
Tel: +43 1 587 53 07, Fax: +43 1 587 53 07-34
Email: office@secession.at
http://www.secession.at
Öffnungszeiten: Di-So 14-18 h


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